Walter Dohmen stellt im LVR Landesmuseum Bonn aus
Von Peter Köster
Bonn „Die bewegte Linie“ lautet der Titel einer sehenswerten Ausstellung (Laufzeit: bis zum 21. April) mit Werken des Künstlers Walter Dohmen im LVR Landesmuseum Bonn. Ausgehend vom Kupferstich bis zum Tiefdruck, Hochdruck und Flachdruck werden hier alle Techniken der Grafik versammelt. Walter Dohmen hat dem Museum eine Schenkung gemacht. Aus diesem Sammlungsbestand zeigt das Bonner Haus nun erstmals eine Auswahl von etwa 100 Blättern.
Joseph von Keller in Linz
Lange vor den Möglichkeiten des Fotos und des Internets holte die Kunst des Kupferstechens berühmte Werke der Kunstgeschichte aus der Enge eines elitären Zirkels, um sie vielen Menschen bekannt zu machen. Kupferstiche waren eine gängige Methode, Bilder zu reproduzieren und zu vervielfältigen, galten aber aufgrund der anspruchsvollen Technik und der Gestaltungskraft ihrer Schöpfer ebenso als Meisterwerke wie die Originale. Der Linzer Joseph von Keller (1811-1873), Professor und Leiter der Kupferstecherklasse an der Düsseldorfer Kunstakademie, war solch ein Meister seines Fachs. Heute ist er so gut wie in Vergessenheit geraten. Nicht bei allen, denn der in Langerwehe bei Düren lebende Künstler Walter Dohmen hat Keller und weitere große Vertreter dieses Metiers wie Dürer, Schongauer und Cranach und deren Techniken intensiv studiert, wie er erzählt. Seine Arbeiten bestätigen dies.
1985 den Kupferstich neu entdeckt
Seit etwa 40 Jahren beschäftigt sich Walter Dohmen mit den verschiedenen grafischen Techniken. Er begann mit der Lithografie und der Radierung und entdeckte 1985 den als grafisches Ausdrucksmittel kaum noch verwendeten Kupferstich neu. Die traditionellen Techniken belebt Dohmen mit innovativen Ansätzen und hat in all den Jahren Standards in Handwerk und Kunst gesetzt.
Walter Dohmen, der bereits 1989 sowie 1996/97 mit Einzelpräsentationen seine Arbeit im Suermondt-Ludwig-Museum vorgestellt hat, ist vornehmlich durch sein vielseitiges grafisches OEuvre bekanntgeworden, wobei der Druckvorgang selbst in den künstlerischen Produktionsprozess eingebunden ist. Vornehmlich im Bereich der Tiefdrucktechniken hat er neue Verfahren entwickelt, wie das Arbeiten mit „resistenten Tuschen“, mit denen ein ganz eigenwilliger künstlerischer Ausdruck erzielt werden kann. Dohmen nutzt auch die klassische Technik des Kupferstichs, die heute weitgehend aus dem Repertoire der künstlerischen Techniken verschwunden ist. Komplizierte Mischtechniken, Prägeradierungen im Hochdruckverfahren sowie das neuere Verfahren der Collagrafie sind unter den erworbenen Blättern vertreten, die insgesamt eine Bereicherung der Grafischen Sammlung darstellen.
Röntgenbilder als Ausgangspunkt
Walter Dohmen arbeitet figurativ. In den 1970er Jahren bilden Röntgenbilder den Ausgangspunkt für seine Auseinandersetzung mit dem menschlichen Skelett. Später umkreist er mit der immer wieder neu ansetzenden Linie die menschliche Figur. Nicht selten konzentriert er sich auch auf den Kopf und das Gesicht, um innere Befindlichkeiten auszudrücken. Es gehe ihm nicht um eine realistische Wiedergabe der Wirklichkeit, sondern stets um die Charakterisierung von inneren Welten. Ganze Überzeugungsarbeit leistet Dohmens Druckkunst, die in schöner Ausführlichkeit die Möglichkeiten der verschiedenen Techniken vor Augen führt: Die Präzision des Kupferstichs und die ruppige Härte der Kaltnadelradierung, das feine Spiel des Roulettes und die unerschöpflichen Strukturen, die die Technik des Vernis Mou eröffnet. Aquatinta und Mezzotinto beeindrucken durch ihre Tonigkeit, die Radierung durch ihre samtige Linie. Am spannendsten ist, wenn sich Walter Dohmen vom Motiv löst, in einem abstrakten Spiel die Kräfte der grafischen Technik zur Entfaltung kommen lässt.
Erfinder der resistenten Tuschen
Die Ausstellung zeigt nicht nur an den Wänden die breite Palette druckkünstlerischer Ausdrucksmöglichkeiten von Dohmen, sie präsentiert auch in drei Vitrinen die Werkzeuge des Kupferstechers, Lithografen, Radierers und Graveurs. Dohmen demonstrierte anschaulich, wie man diese Werkzeuge für die einzelnen Drucktechniken von der Kaltnadel bis zur Heliogravüre einsetzt. Walter Dohmen ist bis heute ein leidenschaftlicher Radierer und Kupferstecher und das will er auch noch eine Zeit so fortsetzen. Dabei experimentiert er weiter munter drauf los. „Das habe ich immer schon so gemacht. Ein Blatt entstand, wie auch immer, mit Safttasche, Te-trapack, beschichtetem Aluminium und Acryl.“ Dohmen gilt als Erfinder der Arbeit im künstlerischen Tiefdruck mit „resistenten Tuschen“. Dabei handelt es sich um Tuschen, die dem Säurebad standhalten. Sie erweitern den technischen Teil des Tiefdruckes um ein vielfaches, was mit der klassischen Aquatinta nicht zu erreichen ist. Die Auswahl der Tuschen ist recht umfangreich und verleitet zu neuen kreativen Mitteln, die den künstlerischen Tiefdruck aufbrechen und erweitern. Für ihn die ideale Technik für eine extrem freie und lebendige Umsetzung seiner Ideen – mit der Eleganz eines lockeren Pinselstrichs. Faszination für Bewegung und Dynamik, insbesondere für den Tanz, bereichert sein künstlerisches Werk. 2013 entstand eine Kupferstichserie, die alle möglichen Temperamente und Bewegungen durchspielt. Grundmuster ist stets eine verspielte, bisweilen wilde und doch präzise gesetzte Linie, die im Laufe der Bewegung eine Eigendynamik entwickelt.
Walter Dohmen wurde vor 78 Jahren in Langerwehe bei Düren geboren. Seine Ausbildung erhielt er an den Werkkunstschulen in Aachen und Köln. Dort war er von 1969 bis 1982 als Kunsterzieher tätig und unterrichtete dann als Dozent für Druckgrafik an der Fachhochschule Köln (Kunst und Design). Als europaweit gefragter Grafikexperte hat er an vielen Orten gewirkt. Als Lehrer an der Fachhochschule Köln und in vielen internationalen Werkstätten ist er für andere Künstler Kompetenzpartner und Ideengeber in Bezug auf Grafik. Als Autor hat er eine Reihe von Standardwerken zum Handwerk der grafischen Techniken verfasst.
Die Ausstellung im Landesmuseum präsentiert zum einen den Künstler Walter Dohmen und zeigt zum anderen die Techniken des Druckens und deren unterschiedlichste Behandlung der Linie und Fläche, ihrer Farben, Strukturen und Papiere. Die faszinierende Präzision und eine starke künstlerische Ausdruckskraft machen Dohmen zu einem der herausragenden deutschen Grafik-Künstler. Als Lithograf, Radierer, Kupferstecher und Holzschneider hat er ein umfangreiches Werk geschaffen, aus dessen Konvolut das Landesmuseum nun schöpfen darf. Sehenswert.
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Bild 1: Das Blatt entstanden mit „Safttasche, Tetrapack, beschichtetem Aluminium und Acryl.
Foto: Peter Köster
Bild 2: Vitrine mit Werkzeugen für bestimmte Drucktechniken.
Foto: Peter Köster
Bild 3: Anschauungsunterricht liefert auch diese Vitrine.
Foto: Peter Köster