Kunstmuseum Villa Zanders ehrt als „Haus der Kunst aus Papier“ in seinem Jahresprogramm 2018 den früh verstorbenen Siegener Künstler Reinhold Köhler mit einer besonderen Ausstellung

Von Peter Köster

Bergisch-Gladbach. Noch bis zum 8. April zeigt das Kunstmuseum Villa Zanders in Bergisch Gladbach in der Reihe „Ortstermin“ die große Ausstellung über Mary Bauermeister. Thema: „Zeichen, Worte, Universen.“ Mehr auf Talking Art. Bis zum 22. April gehört Reinhold Köhler – „Décollagen“ ein Teil des Hauses. Bis zum 25. Februar wird das Werk von Eckard Alker – „Stiller Wanderer“ im Ausstellungskalender geführt. Anlässlich seines 80. Geburtstags ehrt die Villa Zanders Wolfgang Heuwinkel mit einer Projektausstellung, die vom 23. März bis zum 29.April gezeigt wird. Kocheisen+Hullmann: „Metamorphosen“. Mit diesem Thema ist das Berliner Künstlerpaar in Bergisch Gladbach vom 20. April bis 1. Juli zu Gast. „Wandelhalle“ lautet der Titel einer Ausstellung mit Ellen Keusen. Die Schau läuft vom 4. Mai und endet ebenfalls am 1. Juli. Jonathan Callan – Andreas My werden jahresübergreifend vom 2. September bis 6. Januar 2019 gezeigt. Das betrifft auch das Projekt Karlheinz Stockhausen (Laufzeit: 14.September bis 27. Januar 2019).

Kubisten, Dadaisten, Surrealisten

Eine Retrospektive. Ein Rückblick. Sie zeigt eine klar umrissene Facette moderner Kunstgeschichte, einen Beitrag zum Prinzip Collage und ihrer Entwicklung. Kubisten, Dadaisten, Surrealisten, sie setzten auf der Suche nach neuen Ausdrucksmitteln die Collage ein. Picasso, Wladimir Tatlin, Kurt Schwitters, Max Ernst, sie loteten ein Prinzip aus, benutzten es für ihre Absichten. Fremde Materialien, erst Papier, dann Draht, Holz, Blech, schließlich Glas, Stoffe kamen mit ins Bild. Die Künstler experimentierten. Neben den großen Namen ein späterer. Nach dem Zweiten Weltkrieg setzte der Siegener Reinhold Köhler (1919 – 1970) die Versuchsreihe fort, fragt wieder nach dem Stoff, nach dem Material, der Struktur, die ein Bild ausmachen. 1958 erfindet er den Begriff „Décollage“. Ein Schlüsselwort in seinem Werk. „Man macht Décollages, um Collages zu verhindern. Nicht Summation, sondern Reduktion“, definiert er seine Erfindung. Köhler lässt seine Bilder als Produkte gelenkter Zerstörung entstehen: Papier, auf eine Unterlage geklebt, wird in noch feuchtem Zustand stückchenweise wieder abgerissen und umgeklappt. Durchaus nicht nur willkürlich, sondern mit System. Sonderarten dieser Grundmethode werden gebildet: neben den Décollages purs, die Décollages gräves, die Décollages brûles und die Objets décollages, das sind auf einer Grundlage fixierte Teller- oder Flaschentrümmer. 1963 schließlich werden die Contre-Collages erfunden: Papiercollagen werden dazu mit einer Glasscheibe bedeckt, diese wird zertrümmert, die Bruchlinien werden mit schwarzer Tusche hervorgehoben. Künstlerische „Grundlagenforschung“?, so Elke von Radziewsky.
„Köhler entwickelte seinen Begriff wenn nicht abseits so doch am Rande der avantgardistischen Kunst der sechziger Jahre. Es war ein methodisches Weiterdenken des alten Prinzips Collage.“

Etwa zur gleichen Zeit benutzten Künstler wie Mimmo Roteller und Wolf Vostell die Décollage als provozierendes Instrument gegen die Konsumwelt durch Abreißen von Plakaten, Übermalen und Verwischen von Abbildungen und Photographien wollten sie kritisch machen, Bewusstsein schaffen. Köhler war im Gegensatz zu ihnen ein unpolitischer Künstler. Für ihn war die Décollage eine Weise künstlerischen Formens, augenfälliger Hinweis auf die materiellen Vorgänge, die ein Bild erst entstehen lassen. Im Gespräch sagte er einmal: „Als ich die zerstörten Städte sah, habe ich verstanden, dass Form nicht zerstört werden kann, ohne dass neue Form entsteht.“

Facettenreiche Werkgruppe der Décollagen

Nach einer letzten umfangreichen Präsentation seines Werks in den Jahren 1985/86 will diese Ausstellung in einem Haus, das sich der Kunst aus Papier widmet, die facettenreiche Werkgruppe der Décollagen mitsamt ihrer Entstehungsgeschichte vorstellen. Köhlers Entwicklung von der klassischen Malerei sowie die Befreiung vom Gegenstand dürften dabei als repräsentativ für eine ganze Generation von Künstlern gelten. Gleichzeitig würdig das Kunstmuseum Villa Zander einen Künstler, der ein immenses künstlerisches Werk entwickelt hat. Die Ausstellung Reinhold Köhler – „Décollagen“ geht bis zum 22. April.

Eckard Alker – „Stiller Wanderer“

Bis zum 25. Februar rückt das Werk von Eckard Alker – „Stiller Wanderer“ (eine Schenkung Marita und Karl Josef Metzen) in den Fokus. Die Sammlung umfasst rund 250 druckgrafische Arbeiten, darunter acht Mappenwerke und einzelne Fotografien des Künstlers Eckard Alker aus den Jahren 1960 bis 2016. Die Radierungen, (Offset-)Lithographien und (mit Ölfarbe bearbeitete) Digitalprints vermitteln einen umfangreichen Überblick über seine künstlerische Entwicklung und herausragende, drucktechnische Meisterschaft. In ihrer Auswahl ermöglicht die durch das Ehepaar Metzen über Jahre, im engen persönlichen Kontakt mit dem Künstler, zusammengetragene Sammlung zudem einen guten Einblick in die Entstehung der außergewöhnlichen Motivwelten des Künstlers.

Aus der Serie „Metamorphosen“

Thomas Kocheisen (Jahrgang 1954) und Ulrike Hullmann (Jahrgang 1956) arbeiten seit 1987 zusammen; seit 2005 lebt das Künstlerpaar in Berlin. Bekannt wurden die beiden mit ihren Partnerbildern, für die sie jeweils die selben Filmausschnitte, Landschaften, Innenräume oder Architekturansichten malten und die Ergebnisse nebeneinander präsentierten, um feine Unterschiede in Wahrnehmung und Gestaltung offenzulegen. Seit einigen Jahren erstellen sie in der Serie „Halbschatten“ Linolschnitte, in denen sie fantastische und verstörende Bildwelten erschaffen, die sich aus persönlichen Erinnerungen, Märchen, Träumen und kunst- und kulturgeschichtlichen Zitaten speisen. Die sprechenden Titel sind Bestandteil der künstlerischen Arbeit und fügen eine weitere Assoziationsebene hinzu. Auch in den großformatigen Bildpaaren der Serie „Metamorphosen“ teilen sich Kocheisen+Hullmann den Raum, wobei die Urheberschaft des einzelnen weniger zu erkennen ist. Mit diesem Thema ist das Berliner Künstlerpaar in Bergisch Gladbach vom 20. April bis 1. Juli zu Gast.

Erzählerisch-lyrische Elemente von Ellen Keusen

Ellen Keusen (geb. 1947 in Düsseldorf, lebt in Köln und Brandenburg) gehört zu den herausragenden deutschen Zeichnerinnen. Ihre Arbeiten befassen sich im Wesentlichen mit dem Zusammenspiel freier Elemente. Dabei spielt auch der nicht bezeichnete Bereich eine entscheidende Rolle. In ihren sehr unterschiedlichen eigenständigen Werkgruppen kommt ein schweifender Erfindungsgeist mit einer fast wie in einer Laborsituation angelegten Versuchsanordnung zusammen. Ellen Keusen bedient sich dabei sowohl erzählerisch-lyrischer Elemente wie Figuren, Menschen wie Tiere, Formen der Natur etc. als auch abstrakter Strukturen. Besonders ihren plastisch im Bildraum pulsierenden schwebenden Zeichnungen kann sich der Blick kaum entziehen.
„Wandelhalle“ lautet der Titel dieser Ausstellung mit Ellen Keusen, die am 4. Mai startet und am 1. Juli endet.

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BUS:

Reinhold Koehler, D 1960-54, Décollage pur, Tusche, Gouache, Abrisse auf Zeichenkarton, 498 x 648 mmm, Nachlass Foto: Hartmut Witte

Reinhold Koehler, Plakatdécollage, 1959_XII Foto: Hartmut Witte

Reinhold Koehler, Décollage Gravé, 1960-66 Gouache, Messer, Abriss,
Foto: Michael Wittassek

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