Max Ernst – Frühe Zeichnungen
Präsentation der Schenkung Werner und Monique Spies und der gleichnamigen Publikation
Von Peter Köster
Brühl/Paris. Die erste Schenkung erfolgte 2005 zur Eröffnung des Max Ernst Museums. Damals bescherte das Ehepaar Spies das Brühler Haus mit der Aquarellstudie „Jünglingsakt“. Diese Arbeit entstand in der frühen Schaffensperiode von Max Ernst im Jahre 1912, also in der Zeit, bevor er der weltberühmte Künstler Max Ernst wurde.
Aus der Sammlung von Franz Balke
Nun, 13 Jahre nach der Museumseröffnung, darf sich das Haus erneut über eine großzügige Offerte der Eheleute Spies freuen. Anlässlich des 80. Geburtstages von Werner Spies im letzten Jahr haben er und seine Frau Monique der Stiftung Max Ernst, Werke von Max Ernst aus den Jahren 1911 bis 1913 zur Präsentation im Museum geschenkt. Die 55 kleinformatigen Darstellungen von frühen Zeichnungen und Skizzen aus der Sammlung von Franz Balke, dem ersten Förderer seines künstlerisch tätigen Mitstudenten Max Ernst, werden durch Briefe mit Erinnerungen an die gemeinsame Studienzeit ergänzt. Werner Spies hat die Zeichnungen über 40 Jahre gehütet. Nun kehren sie ins Brühler Museum und damit praktisch auch in die Geburtsstadt des berühmten Malers, Grafikers und Bildhauers Max Ernst zurück, der 1976 in Paris starb. Auch das Ehepaar Spies lebt in Paris.
Gute Adresse für Schenkungen
In punkto Schenkung scheint das Brühler Haus ohnehin eine gute Adresse zu sein, wie nachstehende Überlassungen zeigen. Seit 2009 wird das Gemälde „Arizona desert after rain“ (um 1948), eine Schenkung des deutschen Textilfabrikanten Waldemar Croon (1916-2013), in der Schausammlung im Wechsel präsentiert. 2010 wurde anlässlich des zehnjährigen Bestehens der Max Ernst Gesellschaft aus einer rheinischen Privatsammlung das Gemälde „Nocturne IV“ (Nachtstück) (1967 in Seillans entstanden) angekauft und dem Museum überreicht. 2012 erhielt die Stiftung Max Ernst ein frühes Ölgemälde des Künstlers als Schenkung aus dem Nachlass der Familie Oberle. Das Knabenbildnis zeigt den 1909 geborenen Theo Oberle, Sohn von Prof. Dr. Wilhelm Oberle, Oberlehrer am Städtischen Gymnasium Brühl. 2013 schenkte der Arzt und Kunstsammler Peter Schneppenheim dem Max Ernst Museum Brühl das Ölgemälde „The Twentieth Century“ (1955) von Max Ernst. Last but not least folgte nun, wie erwähnt, die aktuelle Schenkung durch die Eheleute Spies.
„Das Schenkungskonvolut von Werner und Monique Spies erweitert nun unsere Kenntnis des zeichnerischen Frühwerks von Max Ernst und unser Verständnis von diesem Künstler. So ist das Museum nun in der Lage, diese initiale Phase seines künstlerischen Weges während der Studienzeit an der Bonner Universität und vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges dem Publikum umfangreicher und anschaulicher als es bislang möglich war, zu präsentieren.“ Mit diesen Worten dankte Jürgen Wilhelm, Vorsitzender des Stiftungsrates und des Kuratoriums der Stiftung Max Ernst, Werner und Monique Spies. Mit der Schenkung bleibe das besondere Engagement der Eheleute für den Künstler in Zukunft in wirksamer und dankbarer Erinnerung.
„Das Wunder von Brühl“
Von 2003 bis 2012 war Spies Vorsitzender des Stiftungsrates und Kuratoriums Max Ernst. In dieser Zeit hatte er in Brühl und weit darüber hinaus Geschichte geschrieben. Er war einer der großen Netzwerker in der Kultur des 20. Jahrhunderts und auch im 21. scheint kaum etwas ohne seine lenkende Hand zu klappen: Werner Spies, Feuilletonist, Ausstellungsmacher, Akademieprofessor, Max-Ernst-Experte; ein Mann von überwältigendem Horizont, wie seine zahlreichen Veröffentlichungen beweisen. Er war eng befreundet mit Max Ernst, der nun durch die Schenkung wieder zurückgekehrt ist oder, wie es Werner Spies formulierte: „Es ist das Wunder von Brühl.“
Für Brühl von unschätzbarem Wert
Achim Sommer, Direktor des Max Ernst Museums, dankte den Eheleuten Spies mit den Worten: „Die jetzt dem Haus geschenkten Arbeiten sind für das Brühler Haus von unschätzbarem Wert. Sie zeigen den jungen Max Ernst, den, der auf der Suche nach seinem eigenen Stil ist.“ Es stelle das Lebenswerk von Max Ernst dar. Insgesamt verfüge das Museum über einige Hundert Werke. Die nun geschenkten Bilder seien deshalb so wertvoll, weil sie einen Max Ernst zeigten, den man so gar nicht kenne. Die Zeichnungen seien fast alle realistisch und zeigten Elemente des Jugendstils und des Expressionismus. „Da liegen die Wurzeln von Max“, so Sommer. Es sind mitunter kleine Bilder, oft nur postkartengroß. Beispiel: 16 mal zehn Zentimeter ist die Zeichnung, die drei Frauenköpfe zeigt und die den Umschlag der zur Ausstellung erschienenen Publikation ziert. Sie dokumentiert die umfangreiche Schenkung von Werner und Monique Spies. Auf 160 Seiten werden alle Werke in Originalgröße abgebildet. Textbeiträge von Durs Grünbein, Jürgen Pech, Achim Sommer, Werner Spies, Jürgen Wilhelm und Gabriele Wix sowie ein Gespräch mit Andreas Platthaus beleuchten die Entstehungszeit während des Bonner Studiums von Max Ernst vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges und vertiefen die Bedeutung einzelner Blätter des Schenkungskonvoluts.
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Gruppenbild: (v.l.) Achim Sommer, Direktor des Max Ernst Museums, Werner und Monique Spies, Jürgen Wilhelm, Vorsitzender des Stiftungsrates und des Kuratoriums der Stiftung Max Ernst.
Foto: Peter Köster
Selbstbildnis von Max Ernst.
Foto: Peter Köster