„Urmutter der modernen Kölner Kunstszene“  

Prä-Fluxus-Ikone Mary Bauermeister stellt in der Villa Zanders aus – „Zeichnen, Wort, Universen“ – Der Kosmos der 83jährigen Künstlerin 

Von Peter Köster

Bergisch-Gladbach. Ihre Rückkehr erfolgt an jenen Ort, den Mary Bauermeister bereits vor 37 Jahren (1981) bespielte: Kunstmuseum Villa Zanders in Bergisch Gladbach. Das Museum, das in diesem Jahr ihr 25-jähriges Jubiläum feiert, würdigt die Prä-Fluxus-Ikone. Die Ausstellung, sie zählt zu der geförderten Reihe  „Ortstermin“, trägt den Titel „Zeichnen, Wort, Universen“. Eine Werkschau, die passgenau auf Mary Bauermeister zugeschnitten ist. Sind es doch genau diese Elemente, hinzuzufügen wäre noch der Klang, die sich wie ein roter Faden seit nunmehr über 50 Jahren durch das Œuvre der Konzeptkünstlerin ziehen.  

Intellektuelle Herausforderung

Die Ausstellung in Bergisch Gladbach – und dies überrascht zunächst selbst langjährige Kenner der Künstlerin – kommt im Gegensatz zu anderen Werkschauen, wie der im Kunstmuseum Solingen oder Mittelrhein Museum Koblenz Gezeigten, farblich reduziert daher. „Das ist bewusst so von Petra Oelschlägel gewollt, die die Ausstellung kuratiert hat,“ klärt Mary Baurmeister auf. „Die Kuratorin hat so entschieden und das ist auch ok so. Ich bin sehr zufrieden mit der Präsentation.“ Die Ausstellung in Bergisch Gladbach ist sowohl Rückblick (1960er Jahre) als Gegenwart und Vorschau auf das  universelle Werks dieser vielseitigen deutschen Ausnahmekünstlerin. Wort, Schrift, Installationen und Klänge bilden den Kosmos dieser Werkschau, die durch Reduktion gekonnt die Architektur des Museums aufnimmt und sie gleichzeitig als Gesamtwerk weiterführt. Chiffren, Zeichen, Worte und Zitate kennzeichnen den großen Komplex des Bauermeister-Werk, in dem die umfassend interessierte und stets die intellektuelle Herausforderung suchende Künstlerin Kernfragen des Seins aufgreift und sie mit spielerischer Leichtigkeit und ungebrochener Vitalität in ihr ganzheitlich geprägtes Universum überführt.  

Unkonventionelle Lebensgemeinschaft

Mary Bauermeister (geb. 1934 in Frankfurt/ Main) studierte u.a. an der Hochschule für Gestaltung in Ulm bei Max Bill und der Staatlichen Schule für Kunst und Handwerk in Saarbrücken. Ab 1956 lebte sie als freie Künstlerin in Köln, wo ihr Atelier in der Lindgasse 28 schnell zum Treffpunkt und Austragungsort der Prä-Fluxusszene avancierte. Namhafte Künstler aus Musik, Literatur und Bildender Kunst wie Nam June Paik, John Cage, Otto Piene, Christo, Arnulf Rainer, Daniel Spoerri, Theodor W. Adorno und Karlheinz Stockhausen, ihr späterer Ehemann, kamen dort zusammen und führten ihre Performances durch. Die Beziehung mit Karlheinz Stockhausen war nicht nur eine unkonventionelle Lebensgemeinschaft, sondern die beiden Künstler setzten sich auch jeweils mit dem Werk ihres Partners konzeptionell auseinander. Die Lindgasse 28 wird als die „Urzelle des Aufstiegs Kölns zur Kunstmetropole“ angesehen. und Mary Bauermeister ist die „Urmutter“ dieser Kunstszene. Sie zählt fortan zu den wichtigsten Persönlichkeiten der rheinischen Kunstlandschaft der 1950er und 60er Jahre. Anfang der 60er Jahre etabliert sich Bauermeister nach ihrem Umzug nach New York und Ankäufen renommierter Museen wie dem Museum of Modern Art als internationale Künstlerin.

Bildnerische Experimentierfreude

Das Œuvre, der bis heute überaus produktiven Künstlerin die sowohl in Forsbach/Rösrath (Wohnatelier) und Oberagger/Eckenhagen (Atelier) lebt und arbeitet, umfasst neben Zeichnungen, Objektbildern und Gemälden bedeutende Werkgruppen im Bereich der Rauminstallation und der Landschaftsgestaltung. Thematisiert wird die außergewöhnliche Materialvielfalt und bildnerische Experimentierfreude der Künstlerin. Graphit, Farben, Worte treffen auf Steine, Treibholz, sizilianische Bettlacken oder gläserne Linsen. Der sinnlichen Erscheinung dieser Werke liegt ein systematischer Entstehungsprozess zugrunde. Der intellektuelle Ursprung ihrer Bildideen und die Affinität zu zeitgenössischer Musik mögen vielleicht nicht sofort erkennbar sein – erst bei näherer Betrachtung erschließt sich dieser Kosmos. Die strukturellen Bildfindungen stehen unter dem Einfluss von Avangard- Musik, seriellen Kompositionen, Happening, Fluxus und Postmodern Dance.

Über 50 Jahre produktives Schaffen

Neben den kompositorischen Überlegungen weist das Werk Bauermeisters aber vor allem ein räumliches Gestaltungsprinzip auf. Durch das Falten von Papieren erschloss sie neue Raumdimensionen, erzeugte Spiegelungen und ließ Bilder über den Rahmen auf die weißen Ausstellungswände hinauswandern. „All things are involved in all other things“ ist einer ihrer Leitgedanken, der auch ihr spirituelles Verhältnis von innen und außen, Natur und Kultur, den Einfaltungen der kleinsten Details ins Makrokosmische umfasst. Mary Bauermeisters Schaffen umfasst neben Zeichnungen und Gemälden vor allem Objektbilder und Installationen sowie später auch Landschaftsgestaltungen. Das künstlerische Werk Mary Bauermeisters zählt alleine aufgrund seiner Vielseitigkeit zu den ungewöhnlichsten Œuvres der zeitgenössischen Kunst. Weit über 50 Jahre umspannt dieses enorm produktive Schaffen, das bereits 1962 zu einer ersten bahnbrechenden Museumspräsentation im Stedelijk Museum in Amsterdam führte.

Die 83-jährige Ikone des „Prä-Fluxus,“ wie sich Mary Bauermeister selbst gern bezeichnet, begeistert durch Person und Werk Ausstellungsmacher und Publikum gleichermaßen, wie ihr Auftritt bei der Eröffnung in Bergisch Gladbach zeigte. Dort erwies sich Bauermeister mal wieder als absolute Entertainerin. Nach dem Motto: „Gib der Mary ein Mikrophon in die Hand, lehne Dich zurück und höre ihr einfach nur zu. Mehr Kurzweil geht nicht.“ Sohn Simon Stockhausen performte musikalisch diese „Mary-Show.“

„Arbeite an meiner Lebenswalze“

Bis heute zieht Mary Bauermeister die Menschen in ihren Bann und fasziniert mit einem eigenwilligen Werk, das von einem tiefen Gespür für den Einklang von Mensch und Natur geprägt ist und universelle Phänomene von Struktur, Rhythmus und Zahl in immer neuer Form zum Ausdruck bringt. Logik und Mathematik beschäftigen Bauermeister ebenso wie Musik und Klang, Märchen und Mythen, Licht und Schatten. Sie wendet sich existentiellen Fragestellungen zu und findet zu mal zauberhaften, mal provokanten oder abstrakten Antworten. Sie arbeitet, wie sie selbst sagt: „An meiner Lebenswalze“. Immer liegt ihren Äußerungen jedoch ein beeindruckendes Menschenbild zugrunde, das fest in der Natur und in archaischen Traditionen verwurzelt ist. Mary Bauermeisters Werk ist ebenso schillernd und facettenreich wie ihre Persönlichkeit.

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Bild 1 – Mary Bauermeister in ihrem „ONNO“ Lichttuch/Spiegelkabinett, 1963 Textil, Holz, Spiegel, Leuchtstoffröhren 270 x 227 x 160 cm.
Foto: Peter Köster

Bild 2 – Sketch for Tanglewood, 1966 Mixed Media.
Foto: Peter Köster

Bild 3 – Hommage a Brian O’ Doherty, 1964, Tusche, Holz, Plastische Masse, Stein auf Holz 120 x 120 x 5,5 cm.
Foto: Peter Köster

Bild 4 – Außenfassade des Kunstmuseums Villa Zander in Bergisch Gladbach.
Foto: Peter Köster

Bild 5 – Mary Bauermeister erklärt die Arbeit: „1 + 1 = 3“. 1964. Tusche auf Papier, Linsen, Prismen auf Glas, auf Staffelei, 60 x 67,5 x 32,5 cm.
Foto: Peter Köster

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