Gropius Bau zeigt erstes Solo von Lee Bul in Deutschland
Berlin. „Ich möchte das Gefühl vermitteln, man bewege sich durch die Zeit, durch verschiedene Epochen. Meine Arbeiten sind wie Reisen an einen anderen Ort, in eine andere Zeit“, sagt Lee Bul, die vom 29. September bis 13. Januar in einer Einzelausstellung im Martin Gropius Bau gezeigt wird. Die umfassende Werkschau „Crash“ ist die erste von Stephanie Rosenthal kuratierte Ausstellung als neue Direktorin des Hauses.
Ausstellung wird zum Erlebnisparcours
Lee Bul, eine der bedeutendsten koreanischen Künstlerinnen ihrer Generation, hat für ihr formal erfinderisches und intellektuell provokantes Werk große internationale Anerkennung erfahren. Buls vielfältiges Schaffen zwischen Performance- und Installationskunst erforscht Träume, Ideale und Utopien, die von futuristischen Theorien und Science-Fiction, Bioengineering und visionärer Architektur beeinflusst sind. „Crash“ ist eine Ausstellung, die als Erlebnisparcours die Besucherinnen und Besucher in ihren Bann zieht und mit experimentellen Ausstellungsstücken begeistern dürfte. Lee Buls raumgreifende Inszenierungen und Landschaften experimentieren mit außergewöhnlichen Materialien wie Perlmutt, Kristallen, Leder oder Samt und zeigen fantasievolle Topographien utopischer Sehnsüchte. Neben der sinnlichen Erfahrbarkeit und dem Humor ihrer Werke sind Lee Buls Arbeiten auch von ihren persönlichen Erfahrungen und subtilen Anspielungen auf die Geschichte und Politik Koreas geprägt. Während ihres nunmehr 30-jährigen künstlerischen Schaffens hat Lee Bul die Entwicklung Südkoreas von einer Militärdiktatur zur Demokratie in ständiger Konfrontation mit dem nur wenige Kilometer entfernten Nordkorea miterlebt.
Beschaffenheit von Körpern
Die Ausstellung „Crash“ ist Ausdruck Lee Buls umfangreicher Auseinandersetzung mit der Beschaffenheit von Körpern, wie diese unsere Erfahrung der Welt definieren und Gefühle von Grenzerfahrungen hervorrufen können. Die Werkschau gliedert sich entlang der thematischen Schwerpunkte ihres Werks, wobei die chronologische Anordnung innerhalb der einzelnen Sektionen es ermöglicht, die Entwicklung ihres Schaffens nachzuvollziehen. „Crash“ zeigt Dokumentationen von frühen Performances, skulpturale Arbeiten aus Serien wie „Monster und Cyborg“, zentrale Werke ihrer utopisch inspirierten Skulpturen, neuere immersive Installationen, Zeichnungen und Gemälde sowie ihre neueste Arbeit „Scale of Tongue.“
Der Gropius Bau ist nicht nur Ort, sondern auch Inspiration für die Ausstellung „Crash“. In der Nachkriegszeit wurde die Berliner Mauer direkt entlang der Nordseite des Gebäudes errichtet, sodass der Gropius Bau in unmittelbarer Nähe zum Grenzübergang und inmitten politischer Brennpunkte lag. Eingebettet in die Geschichte des Gebäudes, beleuchtet die Ausstellung „Crash“ nicht nur den Einfluss, den die Teilung Koreas und die Zeit der Diktatur auf Lee Buls Schaffen hatten, sondern auch, wie emotionale Topografien in utopischen architektonischen Visionen widergespiegelt werden. Skulpturale Arbeiten wie „Infinite Starburst of Your Cold Dark Eyes“ im Foyer und „Willing To Be Vulnerable – Transparent Balloon“ im bisher selten bespielten Südtreppenhaus des Gropius Bau gehen eine unmittelbare Beziehung mit dem Gebäude ein und versinnbildlichen die Öffnung des Hauses.
Ihr künstlerischer Werdegang
Lee Bul, 1964 in Südkorea geboren, wuchs als Tochter zweier Aktivisten in einem politisch engagierten Umfeld inmitten turbulenter gesellschaftlicher Veränderungen auf. Die 1980er und 1990er Jahre in Südkorea waren eine Phase des Übergangs von der Militärdiktatur zur Demokratie und der Entwicklung in Bezug auf Modernisierung und wirtschaftliche Stärke. Nach ihrem Abschluss im Fach Bildhauerei an der Hongik Universität, Seoul, im Jahr 1987 verlagerte Lee Bul ihre künstlerische Praxis mit Performances aus dem Studio in den öffentlichen Raum. Mit diesen Arbeiten hinterfragte sie das Verständnis „weiblicher“ Schönheit sowie die Rolle der Frau in der Gesellschaft. pk
BUS:
1. Lee Bul Portrait der Künstlerin,
Foto: Kim Jae Won Foto Courtesy: Studio Lee Bul.
2. Lee Bul, „Untitled 39“, 2009 Acrylfarbe, Tusche und Pigmenttinte auf Leinwand, Diptychon 45,5 x 67 cm
Foto Courtesy: Studio Lee Bul