Bonn auf dem Weg zu einem urbanen Museum

Von Peter Köster

Bonn. Kunst versus Politik: Mit dem besseren Ende für die Politik. Zu verdanken ist dieser Punktsieg Ex-Kanzler Gerhard Schröder, der im Beisein seiner Frau Soyeon Kim im Bonner Hofgarten das von Stephan Balkenhol konzipierte Kunstwerk „Hommage an August Macke“ enthüllen durfte und dabei weitere tatkräftige politische Unterstützung erfuhr. So vor allem durch NRW-Ministerpräsident Armin Laschet und Bonns OB Ashok Sridharan. Aber auch Telekom-Chef Timotheus Höttges sowie Klara Drenker-Nagels, Direktorin des Museums August Macke Haus und Walter Smerling, Vorsitzender der Stiftung für Kunst und Kultur und Künstlerischer Leiter zeigten sich nicht untätig.

„Grüne Lunge“ Hofgarten

Bevor die Skulptur ihre „schützende Haut“ verlor, brachten sich die prominenten Redner in Stellung. Den Auftakt machte Bonns Oberbürgermeister Ashok Sridharan, der den Hofgarten als „grüne Lunge“ bezeichnete. Er zeigte sich erfreut, dass die Stiftung für Kunst und Kultur abermals eine Skulptur im öffentlichen Raum der Bundesstadt Bonn ermöglicht habe. Die „Hommage an August Macke“ ist die vierte realisierte Station des „Kunstprojekts Bonn“ des in Bad Godesberg residierenden Stiftungsvereins. Das Projekt soll der Stadt ein mit privatem Geld finanziertes „urbanes Museum“ bescheren. 2014 hat die Stiftung ihr Werk mit Markus Lüpertz‘ Skulptur „Beethoven“ im Stadtgarten begonnen, gefolgt von Tony Craggs „Mean Average“ auf dem Remigiusplatz. 2016 wurde Bernar Venets monumentale Skulptur „Arc ’89“ auf dem Trajektknoten an der B 9, heute Helmut Schmidt-Platz, realisiert.

Gerhard Schröders publikumswirksamer Auftritt

Auf Sridharan folgte Gerhard Schröder, der auf seine typisch leicht launige Art den vielen hundert Zuhörern – viele von ihnen schienen offensichtlich nur gekommen zu sein, um den 74-jährigen Kanzler und dessen neue Ehefrau (Schröders 5. Heirat) einmal aus nächster Nähe zu sehen, seine Lobrede auf den Künstler Stephan Balkenhol hielt. Zugleich verriet er, was ihn mit August Macke verbindet. „Ich kenne Stephan Balkenhol schon seit vielen Jahren. Genauer gesagt sei 20 Jahren.“ Er sei ein großartiger Künstler und Freund. 2001 lud der Alt-Kanzler mehrere Künstler nach Berlin ein, um Kunst für den Neubau des Bundeskanzleramtes anzuschaffen. Fünf Holzskulpturen Balkenhols stehen heute im Bankettsaal des Kanzleramtes. Und gegenüber vom Schreibtisch hängt August Mackes Gemälde „Orientalische Märchen“. „August Macke liebte das Leben, die Menschen, die Farben und die Schönheit der Dinge. Ein Menschenfreund – unaufdringlich und bescheiden – aber mit einer großen Ausstrahlung, voller Lebensfreude, Kraft und Heiterkeit“, so der Alt-Kanzler. Die Wiederbegegnung mit diesen Aspekten ermögliche Balkenhols Arbeit ideal im Bonner Hofgarten, wo die Dominanz der Natur noch erfahrbar sei. Die Skulptur, die in Schröders Augen das Besondere des Menschen und Künstlers August Macke kenntlich gemacht und in ein Sinnbild gegossen hat, entzog sich dem gesellschaftlichen Wirbel. Sie blickt nach oben, auf ein buntes, zauberhafte Lichtspiele erlaubendes Dach.

Stephan Balkenhols Macke auch für den Vorgarten

„Wenn die Bonner ihn nicht wollen, stelle ich ihn in meinen Vorgarten oder zur Telekom“, bemerkte Timotheus Höttges, Telekom-Chef, als Anschluss-Redner. In seinem vielbeachteten Vortrag unterstrich Höttges, dass die Bonner gerne über „ihre“ Kunst streiten. Um dies zu untermauern, zitierte er aus einem Leserbrief einer Bonner Zeitung, worin der Verfasser seine Ablehnung über die Plastik unverhohlen zum Ausdruck brachte. „Eine dümmlicher und gelangweilt dreinblickende Figur unter einem hoffnungslos verkitscht anmutenden Baldachin mit ,Glaskuppel‘ hätte ich mir kaum vorstellen können.“ Höttges, der Kunst schätzt, die gefällt, ohne gefällig zu sein, ist indes von der Balkenhol-Arbeit mehr als überzeugt. „Kurz und bündig: sie gefällt mir“.

Ministerpräsident zu Gast bei „Smerling-Festival“

Seine auffällige Bonn-Präsenz erklärte im Anschluss Ministerpräsident Armin Laschet mit dem kulturellen Angebot der Stadt, deshalb er fast täglich hier sei. Laschet nannte die Eröffnung des Beethovenfests, Balkenhol oder wie er treffend formulierte, das „Smerling-Festival“ und schließlich habe das Landeskabinett zwei Tage im Museum Koenig getagt. Anlass war der 70. Jahrestag des Parlamentarischen Rates, der im Museum Koenig gegründet wurde. Sicherlich ging es dabei auch um kulturelle Fragen. In diesem Zusammenhang überraschte der Landesvater mit einem besonderen Statement. Seitdem die neue Landesregierung unter seiner Führung im Amt sei, sei mehr für die Kunst- und Kulturförderung getan worden, als noch unter der Vorgängerregierung. Kunst und Kultur stehen nicht zuletzt für Bildung und seien somit elementar für die Gesellschaft. Der Ministerpräsident wörtlich: „Wir werden den Kunst- und Kulturetat aus diesem Grunde noch einmal um 50 Prozent aufstocken.“ Um welche Summe es sich dabei handelt, ließ er allerdings offen.

2030 „Walk of modern art“ mit 17 skulpturalen Stationen

„Ideen haben ist gut, Ideen umzusetzen ist besser“. Mit diesen Worten beschrieb der künstlerische Leiter Walter Smerling das Balkenhol-Werk und er fuhr fort: „Kunst im öffentlichen Raum ist keine Stadtverschönerung, sondern ein Statement auf die Frage, wie wir mit diesem Raum umgehen und in welcher Stadt wir leben wollen. Eine solche Diskussion wünschen wir uns, denn sie bringt die Gesellschaft voran.“ Für das Jahr 2030 verabredete sich Smerling mit dem Ministerpräsidenten. Dann wolle man gemeinsam einen „Walk of modern art“ in Bonn abschreiten mit 17 skulpturalen Stationen.

„Hommage an August Macke“

Aber zurück in die Gegenwart: Jetzt steht August Macke in der Stadt, in der er von 1911 bis 1914 lebte: Er, der große Expressionist, befindet sich gedankenverloren in einem Pavillon im Bonner Hofgarten und erblickt einen Himmel voller strahlender Farben. Es sind die Farben, die er intensiv in seinen berühmtesten Gemälden verwendet hat. Das war die Vision des Künstlers Stephan Balkenhol, der auf Einladung der Stiftung für Kunst und Kultur ein Werk im öffentlichen Raum konzipiert hat. Balkenhols Wunsch-Standort für seinen Beitrag zum Kunstprojekt Bonn war von Anfang an die Hofgartenwiese auf dem Uni-Areal in unmittelbarer Nähe des Akademischen Kunstmuseums. (In diesem Zusammenhang sei die Frage erlaubt, warum bei diesem Kunstevent niemand von der Uni zugegen war). Balkenhols August Macke ist eine Verneigung des Bildhauers vor dem Maler, der seine wichtigsten Werke während seiner Zeit in Bonn geschaffen hat und mit Balkenhols Skulptur erstmals überhaupt ein Denkmal erhielt. Balkenhols „Hommage an August Macke“ besteht aus einem rund 4,5 m hohen, offen zugänglichen Pavillon mit gläsernem Dach, der im Inneren eine überlebensgroße Bronzeskulptur birgt. Sie ist ein Prototyp aus dem Balkenhol‘schen Figuren-Universum: Ein altersloser Mann in schwarzer Hose und weißem Hemd, verharrend in absoluter Ruhe, ohne Andeutung von Handlung oder narrativen Attributen. Charakteristischerweise sind Balkenhols menschliche Gestalten neutral und offen, ihr Wesenskern bleibt im Verborgenen.

Meinungsbildung so oder so

Das gilt auch für den Protagonisten des Bonner Denkmals. An August Macke wird bei Balkenhol nicht über seine Physis erinnert, sondern über sein Werk. Und so ist der farbige Himmel das eigentliche Zentrum der Skulptur. Durch den Blick in diesen Himmel setzt sich die Figur in Beziehung zur Welt. Hier steht August Macke, der Maler, der Suchende. Aber auch Stephan Balkenhol. Ein Künstler. Ein Mensch. Ein Jedermann. Dieser Macke ist Projektionsfläche für Assoziationen, kein Abbild. Kunst im öffentlichen Raum ist unmittelbar, herausfordernd, streitbar. Mitten in den gesellschaftlichen Raum stellt der Künstler seine Behauptung, für alle sichtbar. Eine individuelle Setzung, die, wie jede öffentliche Behauptung, automatisch Zustimmung und Ablehnung provoziert. Der Betrachter kann sich dieser Kunst nicht entziehen. Und unabhängig davon, wie er zu ihr steht, er wird sich so oder so seine Meinung bilden.

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Bild 1: Publikumswirksamer Auftritt von Altkanzler Gerhard Schröder.
Foto: Peter Köster

Bild 2: Prominenz dominierte die erste Reihe. Soyeon Kim (2. v.r.) Ehemann Gerhard Schröder, Künstler Stephan Balkenhol, Künstlerischer Leiter Walter Smerling, Ministerpräsident Armin Laschet, Bonns OB Ashok Sridharan sowie zweite von links Musemsleiterin Clara Drenker Nagels. Foto: Peter Köster

Bild 3: Balkenhols „Hommage an August Macke“ ziert künftig den Bonner Hofgarten.
Foto: Peter Köster

Bild 4: Gespannte Erwartung bei Prominenten und weniger Prominenten kurz vor der Enthüllung des Kunstwerks.
Foto: Peter Köster

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