Doppelausstellung in Bern und Bonn

Bestandsaufnahme Gurlitt – Der „NS-Kunstraub und die Folgen“

Von Peter Köster

Bern/Bonn. „Bestandsaufnahme Gurlitt“ unter diesem gemeinsamen Thema präsentieren das Kunstmuseum Bern und die Bundeskunsthalle Bonn eine spektakuläre Ausstellung, die bereits lange vor der Eröffnung für reichlich mediales Aufsehen und nicht weniger Zündstoff gesorgt hat. In Bern und in Bonn wird die spektakuläre Kunstsammlung von Cornelius Gurlitt mehr als fünfeinhalb Jahre nach ihrer Beschlagnahmung in einer Doppelausstellung der Öffentlichkeit präsentiert. Die Sammlung ist zum Teil mit NS-Raubkunstverdacht behaftet. Was Bonn anlangt, so dürfte „Gurlitt“ zweifelsohne das Ausstellungshighlight des Jahres sein. Die Berner Schau schließt am 4. März 2018. In Bonn endet die Ausstellung am 11. März 2018.

Aus der Sammlung Gurlitt
Der Name Gurlitt elektrisiert. Das zeigte sich bereits bei der Medienkonferenz in der Bundeskunsthalle. Das Forum war fast bis auf den letzten Platz gefüllt. Ähnlich zu ging es bei der Eröffnung. Für Kulturstaatsministerin Monika Grütters, die die Schirmherrschaft dieser Ausstellung übernahm, sind beide Ausstellungen in Bern und Bonn „ein wichtiger Beitrag zur Aufarbeitung der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft“. Während die Berner Schau den Untertitel trägt „Entartete Kunst“ – „beschlagnahmt und verkauft“, lautet der Untertitel für Bonn Der „NS-Kunstraub und die Folgen“. In zwei zeitgleichen Ausstellungen präsentieren die beiden Häuser Teile des Nachlasses, von Cornelius Gurlitt (1932-2014). Der 2014 gestorbene Cornelius Gurlitt bestimmte das Berner Kunstmuseum zum Erben aller von seinem Vater zusammengetragenen Kunstwerke. Noch kurz vor seinem Tod gab er grünes Licht für die Erforschung dieses Kunstbestands – und auch zur bedingungslosen Restitution im Fall von Raubkunst.

„Führermuseum“ in Linz
Die Sammlung stammte von Gurlitts Vater Hildebrand (1895-1956). Während der NS-Zeit war er einer der wenigen offiziellen Händler der Nationalsozialisten, dies einerseits in der Funktion als Verwerter „entarteter“ Kunst, anderseits im Auftrag des geplanten „Führermuseums“ in Linz. Kunstkenner Hildebrand Gurlitt besaß eine Vorliebe für die deutschen Expressionisten. Er hatte sich bei den Nazis beworben, um die in deutschen Museen geplünderte Kunst zu „verwerten“. Warum er dies tat, darüber darf spekuliert werden. Wollte er sich bereichern? Wollte er als „Vierteljude“, der er mit einer jüdischen Großmutter für die Nazis war, sich und seine Familie schützen? Gurlitts Vater verkaufte beschlagnahmte „entartete Kunst“ ins Ausland. Aus heutiger Sicht handelt es sich hierbei um Raubkunst. Nach dem Krieg konnte er ungeachtet der Schuld, die er auf sich geladen hatte, weitgehend problemlos an seine Vorkriegskarriere als Museumsdirektor anknüpfen. Parallel zu Hildebrand Gurlitts Lebensweg werden exemplarische Biografien von Zeitgenossen vorgestellt. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf den Schicksalen der verfolgten, meist jüdischen Künstler, Sammler und Kunsthändler, die dem NS-System zum Opfer fielen. Ein Teil der Werke aus Gurlitts Nachlass galt seit 1945 als verschollen, andere waren in der kunstgeschichtlichen Forschung zuvor unbekannt.

Gang durch Kunstgeschichte
Die Ausstellung zeigt eine Auswahl bedeutender Kunstwerke. Es ist wie ein Gang durch die Kunstgeschichte der vergangenen 500 Jahre. Hier ein Cranach, dort Albrecht Dürer, Carl Spitzweg, ein Meeres-Gemälde von Édouard Manet, Claude Monets „Waterloo Bridge“, Zeichnungen von Adolph von Menzel, Edvard Munch, Edgar Degas, Eugène Delacroix. Arbeiten von Beckmann bis Signac, Picasso, Otto Dix oder Karl Schmidt-Rottluff, Chagall, Rodin. Die Schau bildet ein breites Spektrum der Kunstgeschichte ab, das jahrzehntelang der Öffentlichkeit nicht zugänglich war. Tausende Bilder gingen durch die Hände von Hildebrand Gurlitt, der einer der wichtigsten Kunsthändler Adolf Hitlers war. Der größte Teil des Bestandes von rund 1500 Kunstwerken war 2012 unter rechtlich umstrittenen Umständen bei Hildebrand Gurlitts Sohn Cornelius in München beschlagnahmt worden. Bei dem sogenannten Schwabinger Kunstfund handelt sich um einen Bestand von 1280 Kunstwerken aus dem Besitz von Cornelius Gurlitt.

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BUS:
Max Beckmann (1884-1950) Zandvort Strandcafé. 1934 Aquarell und Gouache, 49,8 x 64,8 cm. Provenienz in Abklärung. Foto: Peter Köster

Bestandsaufnahme Gurlitt. Foto: Peter Köster

Der NS-Kunstraub und der „Sonderauftrag Linz“. Foto: Peter Köster

Ingesamt 450 Werke
Insgesamt 450 Werke aus der Gurlitt-Sammlung werden erstmals in einer Doppelausstellung gezeigt. Davon zeigt Bonn annähernd 250 Arbeiten. Darunter auch Bilder, die bereits an die rechtmäßigen Erben zurückgegeben wurden, also so genannten restituierte Bilder, aber auch Arbeiten, die bereits eindeutig als NS-Raubkunst identifiziert wurden – das sind insgesamt sechs Stücke. Beim größten Teil des Bestandes ist die Herkunft aber laut Forschern nicht mehr zweifelsfrei zu klären. „Die Herkunft von mehr als 50 Prozent der Werke ist noch nicht geklärt“, sagt die Kuratorin Agnieszka Lulinska. Das bedeutet allerdings nicht, dass das alles Raubkunst ist. Unter jedem Bild steht eine Provenienz-Legende, und sehr oft ist der Satz zu lesen: „Aktuell kein Raubkunstverdacht.“

Doppelschau auch in Berlin
Mit der Doppelschau, die im kommenden Jahr auch im Berliner Martin Gropiusbau gezeigt werden soll, wie Bundeskunsthallen-Intendant Rein Wolfs ankündigte, verbinden die Forscher die Hoffnung auf Klärung weiterer Fälle.

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