Arp Museum lässt Sterne des Rolandsecker Universums erstrahlen

Von Peter Köster  

Remagen. Das Moore-Jahr, mithin, „das Jahr der Architektur“ ist Geschichte. „Nach dem Fest der Bildhauerei,“ so Oliver Kornhoff, Direktor des Arp Museums, „folgt das Jahr der Farbe.“ Bevor wir aber dezidierter auf das Ausstellungsprogramm 2018 eingehen, hier noch einmal ein kurzer Rückblick auf das Jubiläumsjahr 2017 (zehn Jahre Arp Museum), dem natürlich Henry Moore seinen Stempel aufdrückte. Dies spiegelt sich auch in den Besucherzahlen wieder, die Kornhoff freudig zur Kenntnis gab. So seien insgesamt 75.000 Besucherinnen- und Besucher registriert worden. „Davon haben 65.000 begeisterte Gäste die grandiose Moore-Schau mit dem großen Format „Vision. Creation. Obsession“ gesehen.“ Diese monumentale Schau auf die Beine gestellt zu haben, zeige, „was unser Haus kann.“ Es sei ein immenses Vergnügen gewesen, dabei auch von den kuratorischen Visionen, Creationen und Obsessionen zu erzählen und nicht zuletzt vom reichen Profil des Museums. Oliver Kornhoff verhehlte nicht, dass man mit Moore volles Risiko gegangen sei. „Wir haben alles auf die Karte Moore gesetzt und da hat sich ausgezahlt. Der Erfolg hat uns Recht gegeben.“

Hochkarätige Künstlerfreunde kommen

Nun zum kommenden Jahr: Das Arp Museum will, wie es der Museumschef, beschrieb, die Sterne des Rolandsecker Universums erstrahlen lassen und mit Hans Arp und Gotthard Graubner hochkarätige Künstlerfreunde „Im Jahr des Farbenrauschs“ willkommen heißen. „Mit den Bildern atmen“, heißt die Auftaktveranstaltung im Ausstellungsjahr 2018. Das Arp Museum Bahnhof Rolandseck widmet Gotthard Graubner (1930–2013), einem der wichtigsten abstrakten Maler der Gegenwartskunst, fünf Jahre nach seinem Tod, eine große Ausstellung, die vom 18. Februar bis 10. Februar 2019 im EG des Neubaus gezeigt wird. Graubners Umgang mit Farbe ist einzigartig. Sie verwandelt das Kunstwerk zu einem lebendigen, atmenden Gegenüber. Seine zunächst monochrom erscheinenden, doch aus unzähligen Farbnuancen entstandenen Gemälde üben eine geradezu körperliche Anziehungskraft aus. Als Farbraumkörper oder Kissenbilder erweitern sie die klassische Tafelmalerei um die dritte Dimension. Durch sie wird der Neubau von Richard Meier selbst zum expandierten Farbraumkörper.

Der Farbmagier Gotthard Graubner war dem Künstlerbahnhof Rolandseck seit den 1970er Jahren eng verbunden. Er sagte einst im Radio über den Bahnhof Rolandseck: „Das ist immer eine kreative Situation. Deshalb fühlt man sich hier auch so wohl“. Zehn außergewöhnliche Schwarz-Weiß-Fotografien von tanzenden Mönchen des Klosters Whangdue Phodrang, die 1976 während seines Bhutan-Aufenthaltes entstanden sind und sich in der Museumssammlung befinden, bilden den Ausgangspunkt der Schau. Graubners Interesse am Buddhismus folgend, schwingt dieses Themenfeld in der Ausstellung atmosphärisch mit. Dabei spielen formale Momente wie Transparenz, Leichtigkeit und Durchdringung sowie die Farboberfläche als lebendiger Organismus eine Rolle. Dies wird nicht nur bei den beeindruckenden Farbraumkörpern, sondern auch im druckgrafischen Werk des Künstlers deutlich.

Körperabdrücke im Mappenwerk

Biografische Notizen, wie beispielsweise seine Körperabdrücke im Mappenwerk Simulacrum von 1978, verlebendigen die Autorenschaft Graubners auf eindrückliche Weise. Die Besucherinnen und Besucher können anhand von ca. 50 Werken die Entwicklung von einer gedeckten Farbpalette zu einem wahrhaftigen Farbenrausch erleben, sich in stiller Versenkung in den Farbräumen verlieren und, wie vom Künstler gewünscht, „mit den Bildern atmen“.  „Die Aktion der Farbe ist das Entscheidende. (…) Die Kommunikation von kalten und warmen Werten bedingt Spannung und Austausch. Wie von selbst breitet sich die Farbe über die Fläche. (…) Die Fläche atmet.“ Gotthard Graubner.

„Daher beim Lilienknicken linke Hand am linken Griff!“ Hans Arp

Im Rahmen des jährlichen AufDADAtaktes eröffnet das Museum ein „Rendez-vous des amis“ der besonders innigen Art. 1918 begegnen sich Hans Arp und Kurt Schwitters im Berliner Café des Westens. Es ist der Beginn einer intensiven Künstlerfreundschaft, die sich nun zum 100. Mal jährt. Erschüttert durch die Auswirkungen des großen Krieges und auf der Suche nach einer Gegenreaktion mittels der Kunst, brechen Arp und Schwitters früh mit der Tradition und den klassischen Techniken. Beide erklären die Collage zu einem wichtigen künstlerischen Vehikel. Als Vorkämpfer von DADA und MERZ verbindet sie eine enge – nicht zuletzt von Witz und Ironie geprägte – gedankliche Verwandtschaft. Fantastische Texte und avantgardistische Publikationen führen uns die vertraute Nähe eindrucksvoll vor Augen. „Es wird gedichtet, gemerzt und gearpt, den ganzen Tag“ berichteten Arp und Sophie Taeuber-Arp euphorisch über die gemeinschaftlichen Projekte.

Mit einem Fokus auf die Collagen und die gemeinsamen Veröffentlichungen begegnet man im Grafikkabinett dem oft amüsanten, immer geistreichen und bis heute vielfach geheimnisvollen Miteinander zweier großer Künstler. Die zahlreichen gemeinsamen Publikationen, Bild- und Wortcollagen der Ausstellung führen vor Augen, dass Humor und (Selbst)Ironie zentrale Elemente ihres Kunstschaffens sind. Eine Weltsicht, die – heute aktueller denn je – mit Lachen die bestehende Geistesordnung zu untergraben sucht. (Laufzeit: 18. Februar bis 17. Juni.) 

„Farbe ist meine Obsession, meine Freude und meine Qual!“  Claude Monet

Auch die Kunstkammer Rau fiebert im Rausch der Farbe. Skulpturen werden lebensecht. Man taucht ein ins Blau des Himmels oder versinkt in einem Farbenmeer aus Blüten. Zugleich vibriert in Graubners Kissenbild die monochrome Kraft der Farbe. Der farbige Bogen schlägt eine Brücke durch die Zeit. Angefangen bei der Symbolhaftigkeit der Farbe in der mittelalterlichen Kunst führt er zu ihrem subjektiv emotionalen Einsatz in der Barockmalerei. Von den erdigen Tönen Courbets wird übergeleitet zu den lichtflimmernden Landschaften Monets bis zu den Farbsplittern der Fauves. Den Endpunkt bilden die informellen Farbexplosionen des 2017 im Alter von 103 Jahren verstorbenen K. O. Götz. In dieser Schau werden die große Bandbreite und die Güte der Museumssammlungen anschaulich. Die hochkarätigen Werke der Sammlung Rau für Unicef, die dem Arp Museum bis 2026 anvertraut wurden, begegnen qualitätvollen Schenkungen und Dauerleihgaben generöser Sammlerinnen und Sammler sowie Ankäufen. Die Ausstellung „Rausch der farbe. Von Tiepolo bis K.O. Götz“ wird vom 18. März bis 30. Juli gezeigt. 

Ausformulierte ästhetische Botschaft

Arbeiten mit Ton In den unerschöpflichen Möglichkeiten bunter Glasuren, spielt Farbe eine entscheidende Rolle auch bei zeitgenössischer Keramik. Die aktuellen Stipendiatinnen und Stipendiaten des Künstlerhauses Schloss Balmoral – jüngst zu einem der besten Künstlerhäuser Europas gekürt – widmen sich derzeit in Bad Ems diesem Material. Die Abschlussausstellung des Jahrgangs 2017/18 heißt „Es dauert. Es ist riskant. Es bleibt womöglich für immer“. Damit spielt der Titel auf die spezifischen Bedingungen des Arbeitens mit Ton an. Hannah Arendt schrieb in Vita activa den Kunstwerken die ersehnte Kraft zu, dem Menschenleben Stabilität zu verleihen. Doch sie selbst sind während ihrer Entstehungsphase alles andere als stabil. Kunstproduktion ist eine Arbeit, die selten auf ein sicheres Ergebnis abzielt. Es dauert, bis es zu einer ausformulierten ästhetischen Botschaft kommt. Manchmal sind die Risiken auch in das Material einprogrammiert. Beispielweise kann Keramik, die im Fokus der Residenzaufenthalte 2017/2018 im Künstlerhaus Schloss Balmoral steht, Jahrtausende überleben, aber auch bereits im Ofen explodieren oder unreparierbare Risse aufweisen. Kunst zu produzieren, sie auszustellen und wahrzunehmen bleibt ein Risiko. Das Kunsterlebnis kann mit der Gefahr der Veränderung des Denkens und des Handelns einhergehen. Die Stipendiatinnen und Stipendiaten des Künstlerhauses Schloss Balmoral und des Landes Rheinland-Pfalz arbeiten an brisanten aktuellen Themen wie Globalisierung, Kommunikation, Gender, Religion und Zukunftsvisionen, sowie an ewigen Fragen wie die nach einer Historie der Formen, Mythologie und Selbstsuche. Die Ausstellung, sie läuft vom 29. April bis zum 15. Juli,  wird kuratiert von Olga Vostretsova (Kuratorenstipendiatin).

„Im Japanfieber. Von Monet bis Manga“

„Im Japanfieber. Von Monet bis Manga“ (26. August bis 20. Januar 2019) heißt dieses großangelegte Projekt. Die Doppelausstellung zeigt den besonderen Einfluss der japanischen Kultur auf die westliche Kunst von den Impressionisten bis in unsere Gegenwart. Sie findet in Kooperation mit dem Musée des impressionismes, Giverny statt, verbindet auf diese Weise zwei europäische Länder miteinander und schlägt darüber hinaus die Brücke bis nach Japan. 

Anlass zu diesem Ausstellungsvorhaben ist das 150-jährige Jubiläum der Meiji-Restauration (September 1868–Juli 1912). Nach 200 Jahren der Isolation öffnete Japan sich dem Westen. Der westliche Kunstmarkt wurde überflutet von bislang unbekannten japanischen Kunstgegenständen, die eine wahre ästhetische Revolution in der westlichen Welt und Malerei auslösten. Die Kunstkammer Rau beleuchtet die Einflüsse Japans auf den Impressionismus seit den 1870er Jahren. Im Zentrum steht die Sammlung japanischer Farb-Holzschnitte Claude Monets, die erstmals in einem größeren Konvolut außerhalb von Frankreich gezeigt werden. Daneben sieht man Meisterwerke von Signac, Seurat, van Gogh und vielen anderen.

Ausstellung beginnt im „Atelier des Künstlers“

Die Ausstellung beginnt im „Atelier des Künstlers“. Interieur-Darstellungen von Vallotton bis Ensor belegen das „Japanfieber“ in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Fernöstliche Requisiten gehörten damals zum Standard-Repertoire vieler Ateliers und verweisen auf die Bedeutung dieser Inspirationsquelle für eine ganze Künstlergeneration. Der zweite Ausstellungsteil stellt eine wichtige Facette der Alltagskultur jener Zeit vor. Das Thema der „Geisha“ wurde durch japanische Farbholzschnitte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Europa verbreitet. Viele Maler wie Chase und Signac begannen, ihre Modelle in Kimonos zu hüllen und popularisierten damit ein neues Ideal von Weiblichkeit, das von exotischer Sinnlichkeit geprägt war. Der dritte und größte Ausstellungsbereich im Arp Museum widmet sich dem „veränderten Blick“. Denn am nachhaltigsten revolutionierte der Einfluss Japans die europäische Naturbetrachtung. Er weitete und schärfte unsere Wahrnehmung, lenkte unser Augenmerk auf unsere Umwelt, auf die Schönheit des Details. Gewagte Naturausschnitte, hohe Horizonte, überraschende Nahsichten bestimmten seitdem viele Landschaften und Stillleben von Monet, Caillebotte, Signac bis van Gogh. Die Eindrücke japanischer Kunst lösten in der europäischen Malerei eine ästhetische Revolution aus, die den Weg in die Moderne ebnete.

Bunte Fantasiewelt im Bahnhof Rolandseck

Dass der Japonismus keine Frage des 19. oder 20. Jahrhunderts ist, eröffnet der zweite Teil der Ausstellung. In den historischen Räumen des Bahnhofs Rolandseck werden die japanischen Motivtraditionen und Entwicklungslinien, die sich auch in der Gegenwart fest etablierten, wieder aufgenommen. Der Ausstellungsteil zeigt, wie die kulturelle Inspiration Japans Bestandteil der westlichen visuellen Alltagskultur und damit Teil der hiesigen Populärkultur wurde. So stehen Manga in der Tradition japanischer Holzschnitte und bilden in der globalisierten Comicszene einen fest verwurzelten Part. Anime, japanische Zeichentrickfilme, sind uns bereits seit der Verfilmung von Biene Maja und Heidi in den 1970er Jahren wohl vertraut. Sie verkörpern ein in Japan ausgeprägtes Ideal (Kawaii), das unserem „Kindchenschema“ entspricht. Im Cosplay werden die beliebten japanischen Manga- und Animefiguren zum Leben erweckt. Sie verwandeln bei Cosplay-Events unsere Innenstädte – und nun auch das Arp Museum Bahnhof Rolandseck – in eine bunte Fantasiewelt. 

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BUS:

Bild 1 – Kurt Schwitters, Ohne Titel (Merzzeichnung mit Arp und Bindfaden), 1924, Kunstmuseum Basel, Kupferstichkabinett, Schenkung Marguerite Arp-Hagenbach, © VG Bild-Kunst, Bonn 2017,
Foto: Martin P. Bühler

Bild 2 – Christina S. Zhu, Ochako und Tsuyu, Serie: BNHA (Boku no hero academia), 2017,
© Christina S. Zhu

Bild 3 – Claude Monet, Les Pyramides de Port-Coton 1886, Arp Museum Bahnhof Rolandseck/ Sammlung Rau für UNICEF,
Foto: Peter Schälchli

Bild 4 – Gotthard Graubner, Ohne Titel, 1983/84, Museum Kunstpalast, Düsseldorf – Stiftung Sammlung Kemp, © VG Bild-Kunst, Bonn 2017,
Foto: Horst Kolberg

Bild 5 – O. Götz, Scara Tell, 1996, Sammlung Dres. Quadt im Arp Museum Bahnhof Rolandseck, © VG Bild-Kunst, Bonn 2017,
Foto: Anonym

 

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