Anders Wohnen – Entwürfe für Haus Lange und Haus Esters

Krefeld. „Anders Wohnen. Entwürfe für Haus Lange und Haus Esters“, nennt sich ein dreistufiges Projekt (Dauer: bis zum 26. Januar 2020), das die Kunstmuseen Krefeld anlässlich von 100 Jahre Bauhaus entwickelt haben. Unter dem Stichwort Utopie haben sieben der insgesamt 16 beteiligten Künstlerinnen und Künstler, Architektinnen und Architekten und Designerinnen und Designer neue Werke für das Haus Lange realisiert.

Ludwig Mies van der Rohe

Aus einer kritischen Auseinandersetzung mit der digitalen, globalen Gesellschaft und mit Blick auf aktuelle Herausforderungen wie Ressourcenknappheit oder Wohnungsmangel entstanden alternative Wohn- und Lebensmodelle. Die moderne Architektur von Ludwig Mies van der Rohe steht dabei als gebaute Utopie im Dialog mit den Installationen und Werken.

Akt 1: Utopie – Teilnehmerinnen und Teilnehmer: BLESS, Franck Bragigand, Dunne & Raby, Olaf Holzapfel, Andreas Schmitten, Apolonija Šušteršič, Christopher Kulendran Thomas. Ludwig Mies van der Rohe (1886 – 1969) hat mit den Häusern Lange und Esters Ende der 1920er Jahre einem neuen, modernen Lebensgefühl eine entsprechende Architektur gegeben. Seine Villen waren für eine wohlhabende Gesellschaftsschicht bestimmt, die sich den Visionen der Moderne verschrieben hatte. Vielerorts sollten aber auch Siedlungskomplexe, die im Stil des Neuen Bauens errichtet wurden, durch ihre klare Struktur und funktionelle Einrichtung eine bessere Gesellschaft hervorbringen. „Die privaten Häuser Lange und Esters als Zeitzeugen des Neuen Bauens der 20er Jahre sind daher besonders geeignet für ein Nachdenken über zukünftiges Wohnen und Leben“, so Katia Baudin, Direktorin der Kunstmuseen Krefeld, die zusammen mit Magdalena Holzhey und Sylvia Martin das Großprojekt „Anders Wohnen“ kuratiert.

Häuser zum Allgemeingut erklärt

Wohnen, Häuser, gemeinsame Lebensformen waren schon immer Teil utopischen Denkens. Der englische Gelehrte und Diplomat Thomas Morus (1478-1535) hatte in seiner bereits 1516 geschriebenen „Utopia“ Privateigentum gänzlich abgeschafft und Häuser zum Allgemeingut erklärt. Der Häuserwechsel war ein anderes Modell, um die Vorstellung von einer idealen Gemeinschaft, die ohne Privateigentum auskommt, konkret werden zu lassen. Utopien sind Ideen, ein visionärer Blick in eine fiktive Welt, die ihre eigene Zeit und ihren eigenen Ort hat. Vor allem funktionieren sie als Kritik an den jeweils aktuell bestehenden Verhältnissen einer Gesellschaft. Utopien sind Gedankenexperimente, die durch Künstlerinnen und Künstler, Architektinnen und Architekten, Designerinnen und Designer Gestalt annehmen können.

Objekte zwischen Koffer und Möbelstück

Das Designstudio BLESS (Désirée Heiss, *1971, lebt in Paris, Ines Kaag, *1970, lebt in Berlin) entwirft in Auseinandersetzung mit Mies van der Rohes besonderer Materialsprache Objekte zwischen Koffer und Möbelstück. Der französische Künstler Franck Bragigand (*1971, lebt in Amsterdam) verleiht abgelegten und vor Ort gefundenen Möbeln und Alltagsgegenständen durch ein Raum- und Farbkonzept neues Leben und befragt somit kritisch menschliche Produktion in Zeiten materiellen Überflusses. Das Designerduo Dunne & Raby (Anthony Dunne, *1964, Fiona Raby, *1963, leben in London) kreieren gleich ganz neue, fiktivgeografische Weltmodelle in Form von Globen, die im häuslichen Ambiente zu einem Perspektivwechsel auffordern. Die raumgreifende Installation des Künstlers Olaf Holzapfel (*1969, lebt in Berlin) thematisiert die Abgrenzung von öffentlichem und privatem Raum in der heutigen digitalen Einheitszone, in der sich das Verhältnis von Kollektiv und Individuum neu definiert. Der Bildhauer Andreas Schmitten (*1980, lebt in Düsseldorf) stellt alternative Gestaltungsmodelle der Hausfassaden und -gärten von Esters und Lange zur Diskussion, die im 2. Akt: „Mobilität“ teilweise umgesetzt werden. Die slovenische Architektin und Künstlerin Apolonija Šušteršič (*1965, lebt in Lund und Ljubljana) thematisiert das Erbe des Neuen Bauens im sozialen Wohnungsbau und wird im Laufe des Projekts ihre Recherchen konkret im Krefelder Stadtraum umsetzen. Der britische Künstler Christopher Kulendran Thomas (*1979, lebt in London) entwirft in Zusammenarbeit mit der Kuratorin Annika Kuhlmann ein Modell gemeinschaftlichen Wohneigentums, das nach dem Prinzip des „carsharing“ flexibles Wohnen zum Flatrate-Preis überall auf der Welt ermöglichen soll. pk

 

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Haus Esters, Krefeld Gartenseite Foto: Volker Döhne

 
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