„Very British. Ein deutscher Blick“ im Haus der Geschichte

Von Peter Köster

Bonn. Das besondere Verhältnis zwischen Deutschen und Briten steht im Mittelpunkt der Ausstellung „Very British. Ein deutscher Blick“, die bis zum 8. März 2020 im Haus der Geschichte gezeigt wird. Die Schau beleuchtet die politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den beiden Nationen und zeichnet unter anderem die Annäherung Großbritanniens an Europa in den 1970er Jahren und die gegenläufige Entwicklung bis zum Brexit nach.

Brexit als Plattform der Ausstellung

Der Brexit liefert gewissermaßen die Plattform für die Ausstellung. Wie sehr den Briten Europa fremd geblieben ist, zeigt sich daran, dass die Labour-Partei sogar schon 1975 bei einer Volksabstimmung die Europäische Gemeinschaft verlassen wollte. „Der Brexit war kein Unfall“, meint Thorsten Smidt, Ausstellungsleiter Stiftung Haus der Geschichte. Er habe eine lange Historie, beginnend mit Winston Churchills Beharren auf Eigenständigkeit der Briten. Der Europa-Visionär dachte größer als Europa: „Wir sind mit Europa, aber kein Teil von Europa. Wir gehören nicht einem einzigen Kontinent, sondern allen.“ 2016 gab es dafür dann eine knappe Mehrheit. In Bonn läuft deswegen eine Countdown-Uhr bis zum nächsten wahrscheinlichen Brexit-Termin am 31. Oktober. „Die Ausstellung präsentiert das Spannungsfeld zwischen Faszination und Irritation“, sagt Hans Hütter, Präsident der Stiftung Haus der Geschichte. „Es sind Schlaglichter auf eine sehr einseitige Liebesbeziehung. Die Deutschen lieben die Briten und alles, was britisch ist“. Anders herum herrsche eher britische Zurückhaltung. Während ihrer Laufzeit bis zum 8. März 2020 wird, so Hütter, die Schau an die aktuellen Entwicklungen angepasst.

Queen schickte Krone von King George I.

Insgesamt sind rund 500 Exponate zu sehen und keine Geringere als die Queen ist die prominenteste Leihgeberin der großen Ausstellung „Very British. Ein deutscher Blick“. Her Majesty schickte unter anderem die Krone von King George I. über den Kanal. Der deutsche Blick auf die Insel wird mit Exponaten aus Politik und Pop, mit den Beatles und dem Minirock, mit Rolls-Royce und der Fußballlegende Bernhard Claus „Bert“ Trautmann aus Bremen illustriert, dem Torwart, der mit Manchester City 1956 den FA-Cup gewann – mit gebrochenem Genick. „Traut the Kraut“ wurde zum Helden der Nation. Ferner zu sehen ein Bühnenkostüm von „Beatles“-Gitarrist George Harrison, der Ball aus dem legendären WM-Finale 1966 und das Ballkleid der Queen bei ihrem Deutschlandbesuch 1965. Ergänzt wird die Ausstellung durch zahlreiche Filmausschnitte, etwa vom Besuch von Königin Elizabeth II., von einem Konzert der „Beatles“.

„Dinner for one“

In acht unterschiedlich gestalteten Räumen greift die Ausstellung verschiedene Aspekte der deutsch-britischen Beziehung auf. Den Auftakt macht das deutsche Entsetzen über die Brexit-Abstimmung, die Jacques Tilly mit einem Rosenmontagszugwagen ausdrückt. „Keep calm and carry on“ – während ganz Europa voller Unruhe die Brexit-Abstimmungen verfolgt, nehmen wir Deutsche die Briten bei ihrem eigenen Leitspruch und widmen uns der besonderen Beziehung zwischen Good old Germany und Großbritannien. Denn, ob es die Beatles, Mr. Bean, Harry Potter oder das Königshaus sind, die britische Inselnation und ihre Kultur hat die Deutschen schon immer begeistert. Millionen von deutschen Fernsehzuschauern verfolgen, wenn sich britische Royals das Ja-Wort geben und schauen jedes Jahr zu Silvester wieder bei „Dinner for one“ einem angetrunkenen Butler beim Sprung über das Tigerfell zu. Ein Brauch, der in Großbritannien übrigens weitgehend unbekannt ist.

Kulturelles Leitbild

Für die Deutschen wird Großbritannien nach dem Zweiten Weltkrieg dagegen von einer Besatzungsmacht schnell zum Verbündeten und zum kulturellen Leitbild. Der triumphale erste Besuch der Queen 1965 begründet die Liebe der Deutschen zur britischen Monarchie, die bis heute anhält. Elf Tage tourte sie 1965 durch Deutschland. Eine Sensation. Das Abendkleid von Hardy Amies, das sie gelegentlich trug, war von der Innendekoration des Brühler Schlosses inspiriert. Ein Traum in Hellblau. Deutschland lag der Queen zu Füßen. Jahrzehnte später wiederholt sich der unglaubliche Royal-Hype mit Prinzessin Diana, der in der Ausstellung ein ganzer Raum gewidmet ist.

Britische Besonderheiten

In den 1960er Jahren beginnt das „Beatfieber“ in Deutschland und bringt britische Musik über den Kanal. Das ist in der Ausstellung auch hörbar. Besucherinnen und Besucher können britische Hits der letzten 50 Jahre auflegen und ihre Lieblingssongs in die Besuchercharts wählen. Auch britische Filme und Literatur haben heute noch Kultstatus in Deutschland, wie die Bücher über den Zauberlehrling Harry Potter oder die James Bond Filme. Mit wertvollen Leihobjekten aus dem britischen Königshaus, Klassikern aus Musik und Film und auch dem erwähnten Tigerfell (Original) nimmt die Ausstellung bewusst die deutsche Perspektive ein und blickt auf die vielen britischen Besonderheiten, die auch uns beeinflusst haben. Der Parcour endet schließlich mit der Winke-Queen, die auf einem hohen Sockel stehend, die Besucherinnen und Besucher majestätisch verabschiedet.

 

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Bild 1: Das original Tigerfell aus „Dinner for one“.
Foto: Peter Köster

Bild 2: Prinzessin Diana und eine Heerschar von Fotografen.
Foto: Peter Köster

Bild 3: Deutsches Entsetzen über den Brexit, den Jacques Tilly mit seinem Rosenmontagszugwagen ausdrückt.
Foto: Peter Köster

Bild 4 : Die Queen schickte die Krone von King George I.
Foto: Peter Köster

Bild 5: 30 St. Mary Axe The Gherkin, (englisch für Gewürzgurke) ist ein Wahrzeichen des Londoner Finanzviertels. 
Foto: Peter Köster

 

 
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