Papierlandschaften im Siebengebirgsmuseum Königswinter

Von Peter Köster

Königswinter. Erste Eindrücke, Spontanität, Frische, Natürlichkeit – das sind Assoziationen, die der Betrachter mit Zeichnungen und Arbeiten auf Papier verbindet. Nirgends ist man der Künstlerin, dem Künstler in seinem kreativen Schaffensprozess näher, als wenn man eine Skizze oder Studie auf Papier betrachtet. Bis zum 27. Oktober zeigt das Siebengebirgsmuseum in Königswinter bei Bonn die Ausstellung: „Mit Pinsel und Feder – Landschaften auf Papier“ aus der Sammlung Rheinromantik.

Oft handelt es sich bei den Papier-Landschaften um Vorstufen zu später ausgeführten Kompositionen, denen sich Künstlerinnen und Künstler in skizzenhaften Entwürfen annähern. So finden sich durchaus auch auf einem Blatt mehrere Entwürfe eines Motivs, das aus unterschiedlichen Perspektiven festgehalten wird. Für die Betrachterinnen und Betrachter wird die künstlerische Annäherung an ein Motiv hier unmittelbar sichtbar: leichte Arbeiten auf Papier, die „mit Pinsel und Feder“ im ausgehenden 18. sowie im beginnenden 19. Jahrhundert entstanden sind.

Rund 60 Blätter

Die Bandbreite der rund 60 gezeigten Blätter in der Ausstellung reicht von ersten Skizzen einer Kompositionsidee bis hin zu meisterhaft ausgeführten Zeichnungen und Aquarellen. Werke von Ludwig Bleuler, Fritz Bamberger, den Künstlern der Düsseldorfer Malerschule und den Mainzer Malern sind anschauliche Beispiele für die Vielfalt der künstlerischen Techniken und bezeugen die Blüte der Zeichenkunst im 19. Jahrhundert. Geradezu von einer unvergleichlichen Zartheit bestimmt ist das Aquarell. Vom Aquarell geht eine besondere Faszination aus, die bei den meisten Arbeiten auf Papier, wo Stifte und Feder in ihrer filigranen Wiedergabe bezaubern, noch einmal besonders hervorsticht. So hat Johann Wilhelm Schirmer, Mitbegründer der Düsseldorfer Malerschule, den Blick von Limperich und Oberkassel zum Siebengebirge in einem zart hingehauchten Aquarell festgehalten. Durch die Ebene zieht sich der weit ausladende Fluss. Manches ist hier sicher dokumentarisch ernst zu nehmen in der weiten Landschaft, in der von Zersiedelung noch nichts zu spüren ist. Anderes scheint dagegen etwas idealisiert. Da türmen sich die „sieben“ Berge im Siebengebirge doch ein bisschen zu imposant auf, und bei dem „Blick auf Rheinbreitbach und das Siebengebirge“ von Georg Schütz um 1804 wird der Rhein vor der Gebirgssilhouette gar zu einem gewaltigen spiegelglatten See.

Eine arkadische Landschaft

Hier dominiert „eine weite arkadische Landschaft, wie ein Amphitheater mit weitem offenen Vordergrund angelegt“, betont Irene Haberland, die die Ausstellung kuratiert. Der Zeichner Harmen van der Wick scheint um 1820 detailgenaue geologische Studien zu treiben, doch andere setzen zur zeichnerischen Wiedergabe bereits die Fischaugenlinsen ein, die die Geraden zu konkaven Rundungen werden lassen. Nicht nur die Landschaften, auch das Leben am Fluss zeigt sich in reichen Staffagen. Man kann die Augen spazieren gehen lassen und den Geschichten nachgehen: In den Bergen findet die Weinlese statt, am Ufer ziehen die Fuhrwerke vorbei. Fritz Bamberger entwickelt schließlich neue langgestreckte Panoramabilder, die zusammenfaltbar für die Rheinalben gedacht sind, die die ersten Rheintouristen erstehen konnten.

Gleich eingangs macht sich der englische Maler Clarkson Stanfield (1828 bis 1878) mit den Besucherinnen und Besuchern bekannt. Der an der Londoner Royal Academy gut ausgebildete Künstler, Spross einer Malerfamilie, war insbesondere von den Seen und Flüssen begeistert, die er in ganz Europa aufsuchte. Hier führt er den Betrachter an die Mosel. Er sitzt selbst in einem kleinen Boot und zeichnet, während ihn ein Pfeife rauchender Ruderer mit sicherer Hand begleitet. Sein großes Ölgemälde „Limburg von Westen“, das er 30 Jahre später malen wird, ist übrigens heute eines der Prunkstücke im LVR-Landesmuseum in Bonn und wurde 2010 auf einer Briefmarke abgebildet.

Fixierung erster Ideen

Zeichnungen dienen der Fixierung erster Ideen, der Klärung von Komposition, Farben, Bildausschnitt und Form. Durchweg wurden sie im Atelier als Ideen- und Materialschatz genutzt und waren nur den Künstlerinnen und Künstlern selbst oder ihnen nahestehenden Personen und Schülern vertraut. Als privater Fundus wurden sie in Schubkästen oder Mappen im Atelier verwahrt und nur gelegentlich im Künstlerkreis diskutiert. Nur selten waren sie bereits im 19. Jahrhundert auch für den Kunstmarkt und damit für den Handel bestimmt. Als unmittelbare Umsetzung der künstlerischen Eindrücke erscheinen sie dem heutigen Betrachter oft realistischer und naturalistischer als das fertige Gemälde.

In der Ausstellung im Siebengebirgsmuseum werden unterschiedliche „Arbeiten auf Papier“ vorgestellt, von der ersten Skizze einer Kompositionsidee bis hin zu meisterhaft ausgeführten Zeichnungen und Aquarellen auf Papier, die als eigene Kunstwerke bereits zu Lebzeiten der Künstler einen besonderen Stellenwert besaßen. Manche dienten auch direkt als Vorlagen für die druckgrafische Umsetzung. Aquarelle von Ludwig Bleuler, Fritz Bamberger, den Künstlern der Düsseldorfer Malerschule und den Mainzer Malern um 1800 sind anschauliche Beispiele für die Vielfalt der zeichnerischen Techniken, aber auch für die Blüte der Zeichenkunst, die im 19. Jahrhundert einen besonderen Höhepunkt erreichte.

 

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Bild 1: Clarkson Stanfield Selbstporträt auf der Mosel, 1836, Aquarell, 24,7 x 27,09 cm © Sammlung Rheinromantik

Bild 2: Fritz Bamberger (1814-1873) Ansicht von Pfalzgrafenstein bei Kaub, vor 1847 Aquarell, 12,7 x 49,7 cm © Sammlung Rheinromantik

Bild 3: Johann Wilhelm Schirmer (1807-1863) Blick von Limperich und Oberkassel zum Siebengebirge, um 1845, Aquarell, 42 x 69,5 cm © Sammlung Rheinromantik

Bild 4: Johann Wilhelm Schirmer (1807-1863 Der Rhein bei Koblenz, um 1845 Aquarell und Bleistift, 47,5 x 72 cm, © Sammlung Rheinromantik

Bild 5: Christian Georg Schütz (1758 – 1823) Blick auf Rheinbreitbach und das Siebengebirge, um 1804 Feder laviert, 42,5 x 59,2 cm © Sammlung Rheinromantik

 
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