„1:1“ Begegnung mit Originalen aus der Sammlung des Museum Morsbroich

Von Peter Köster

Leverkusen. „Kunst ist ein Versuch, dich einen halben Zentimeter über dem Boden schweben zu lassen.“ Dieses Zitat von Yoko Ono prangt auf einer der Ausstellungswände im Museum Morsbroich, das nach dem Lockdown wieder für das Publikum geöffnet hat. „1:1 Begegnung mit Originalen aus der Sammlung des Museum Morsbroich“ heißt die Schau, die bis zum 30. August gezeigt wird.

In die Depots gestiegen

„Wenn wir nach Monaten des Entzugs nun endlich wieder das Museum betreten, wird uns klar, was uns – auch im Zeitalter unbegrenzter Reproduzierbarkeit – gefehlt hat: Das Kunstwerk, das uns nach wie vor mit seiner materiellen Präsenz packen kann. Es bezaubert uns, begeistert uns ästhetisch und berührt uns emotional.“ Mit diesen Worten leitete Fritz Emsländer, kommissarischer Leiter des Museums, die Pressekonferenz ein, der sich ein Rundgang durch die Ausstellung anschloss. Die Schau inszeniert das große Wiedersehen mit den realen Kunstwerken auf allen drei Etagen des Leverkusener Hauses. In jedem Raum ist bewusst nur eine Arbeit ausgestellt, um so den Rahmen für ebenso intensive wie exklusive Begegnungen zu schaffen. „Meet the art work – Treffen Sie unsere Werke persönlich und direkt, erleben Sie die Originale unmittelbar und live – ein Erlebnis“. Monatelang hat das Museums-Team Erfahrung mit der neuen Situation sammeln können. Dazu stieg Fritz Emslander, der die Ausstellung kuratiert, eigens in die Depots, um Werke aus der Sammlung auszuwählen.

Für „1:1“ suchte Emslander Werke heraus, die sich besonders schlecht fotografieren lassen, wie beispielsweise die surrealistisch anmutende Collage mit feinen gezeichneten Strukturen und Fell „This Sur-Face is Dreaming of the next Decade“ von Ursula Schultze-Bluhm aus dem Jahr 1965/66. Oder die 1998 entstandenen großformatigen „Howden Twins“ von Rainer Gross, die er, wie Emsländer zugibt, selbst unter Zuhilfenahme einer Abbildung im Depot suchen musste und die er kaum erkannt habe. „Auf Abbildungen sind selbst Bilder nur unzureichend wiederzugeben, weil die Wirkung auch von Format oder Textur abhängt.“

Ausschließlich ein Exponat

Das Prinzip von „1:1“ ist, dass jeder einzelne Besucher sich wirklich ausschließlich auf ein Exponat konzentrieren kann, weil nämlich jedes einen eigenen Raum hat. Dann trifft man auf solch bekannte Namen wie Penck, Polke und Richter, Prangenberg, Klauke oder Sherrie Levine. Letztgenannte schuf Ende der 1990er Jahre für ihre Einzelausstellung im Schloss eine Serie mit versilberten Dreirädern für den Spiegelsaal. Weitere Arbeiten aus der Sammlung steuerten bei: Richard Joseph Anuszkiewicz, Hella Berent, Katharina Grosse, Raymond Hains, Peter Hutchinson, Klauke, Sherrie Levine, Eva tom Moehlen, Robyn Page, David Rabinowitch, Jean-Paul Riopelle, Edward Ruscha, Nora Schattauer, Michael Schoenholtz, Ben Schonzeit, Andreas Slominski, William Turnbull, Troels Wörsel und Remy Zaugg.

Diese Sammlungs-Präsentation, der vom 4. Oktober bis zum 28. Februar 2021 eine Einzelausstellung mit Bernd Zimmer (Reflex) folgt, läutet gewissermaßen das Ausstellungsjahr 2021 ein. Ein besonderes Highlight dürfte sicherlich die große Beuys-Schau (28. März bis 8. August) sein. „Kunst als Katalysator – Learning from Beuys“, lautet der Titel dieser Schau, die anlässlich des 100. Geburtstags von Joseph Beuys gezeigt wird. Darüber hinaus darf das Museum sich 2021 auch selbst feiern. Es begeht sein 70-jähriges Bestehen.

BUS:

Bild-1: Katharina Grosse Ohne Titel (2005/1071L), 2005, Acryl auf Leinwand, 100 x 300 cm
Museum Morsbroich, Leverkusen; Dauerleihgabe aus Privatbesitz
© Katharina Grosse und VG Bild-Kunst Bonn, 2020 Foto: Peter Köster

Bild-2: Sherrie Levine „Hobbyhorse“, 1996, gegossenes Aluminium, 9 tlg., je 68,5 x 88,9 x 48,3 cm,
Museum Morsbroich, Leverkusen (Installationsansicht Museum Morsbroich, 1997); © Sherrie Levine. Foto: Peter Köster

Bild-3: Ben Schonzeit „From the Hot House“, 1987, Öl auf Leinwand, 213 x 350 cm
Museum Morsbroich, Leverkusen; Dauerleihgabe des Museumsvereins Morsbroich e.V. © Ben Schonzeit. Foto: Peter Köster

Bild-4: Rainer Gross. „Howden Twins“, 1998.
Kurator Fritz Emsländer erklärt die Bildpaare des Reutlinger Künstlers. Foto: Peter Köster

Bild-5: Norbert Prangenberg. Ton-Keramik. Figur(Gitter), 1996. Foto: Peter Köster

 
 

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