Kunstpreisträgerin zeigt „Tropic Telekom“ – Albino Alligator als Protagonist

Von Peter Köster

Bonn. Die Kamera fängt eine Szene ein, die zeigt, wie sich ein Albino-Alligator eine Treppe hinabbegibt. Die Inszenierung ist Teil einer Videoinstallation, die die Künstlerin Nico Joana Weber bis zum 15. November im Bonner Kunstmuseum zeigt.

Weber ist aktuelle Preisträgerin des Bonner Kunstpreises, der im Zwei-Jahres-Rhythmus vergeben wird und mit einem Preisgeld von 10.000 Euro ausgestattet ist. Flankiert wird der Preis von einem sechsmonatigen Stipendium in einer frei wählbaren europäischen Metropole. Nico Joana Weber wählte für ihr Filmprojekt Paris. Protagonist ist der Albino-Alligator. Dieser in 3-D animierte Alligator ist aber nicht nur ein Computerprodukt. Er existiert in Wirklichkeit. Zusammen mit einem Artgenossen lebt die Echse in einem Großterrarium in Paris. Die 3D-Animation des Alligators wurde in Kooperation mit dem „DNEG Greenlight Trainee Programme“, London, entwickelt, verrät die Künstlerin.

Die aus Bonn stammende und in Ludwigshafen am Rhein lebende Künstlerin Nico Joana Weber (*1983) verhandelt in verschiedenen künstlerischen Medien die ästhetischen und politischen Prägungen von Architektur und Landschaft in transkulturellen Kontexten. In ihren Arbeiten reflektiert sie kulturell konnotierte Landschafts- und Naturvorstellungen im Dialog mit architektonischen Formensprachen und Strukturen insbesondere der klassischen Moderne. Ihre künstlerischen Medien sind die Photographie, der Film und die Installation. Entstanden sind ihre Werke in der näheren Umgebung, wie beispielsweise in der brutalistischen Architektur in Paris, aber auch in fernen Ländern wie Brasilien und Argentinien. In einem Film, den sie in Südamerika gedreht hat, zeigt sie unter anderem das von Le Corbusier entworfene Haus „Curutchet“ in der Provinz Buenos Aires. In diesem begegnen sich gebaute Formen und eine natürliche Pflanzenwelt, von der Künstlerin in eindrückliche Bilder transformiert.

In Bonn präsentiert Nico Joana Weber, die am Goldsmiths College in London und der Kunsthochschule für Medien in Köln studiert hat und zudem Villa-Romana-Preisträgerin ist, ihre neue, im Rahmen eines Arbeitsstipendiums in Paris entwickelte Arbeit „Tropic Telecom“. Protagonist der Videoinstallation ist besagter Albino-Alligator, der die Betrachterinnen und Betrachter durch Orte französischer Kolonial- und Migrationsgeschichte sowie der ab 1970 entstandenen Großsiedlungen am Stadtrand von Paris führt. Eingebettet wird das Video in eine eigens geschaffene Rauminstallation, bestehend aus mehreren Bänken und einer Stellwand. Dabei greift die Künstlerin Materialien, Formen und Motive auf, die stark der Art Déco-Architektur ähneln. So lässt sie ein konzeptuell dichtes und zugleich luftig assoziatives Gefüge aus Referenzen und neu geschaffenen Bildern entstehen, die das gegenwärtige Paris in seiner hybriden postkolonialen Realität reflektieren.

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Bankprobe mit Sicherheitsabstand: Nico Joana Weber (hinten) gemeinsam mit der Kuratorin Barbara J. Scheuermann. Foto: Peter Köster

Preisträgerin Nico Joana Weber. Foto: Peter Köster

 
 

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