50-jähriges Jubiläum des Brücke Museums Berlin

Berlin. Das Brücke Museum Berlin feiert im September 50-jähriges Bestehen. Im Mittelpunkt des Jubiläums steht die Ausstellung „Flucht in die Bilder?“. Das Brücke Museum beschäftigt sich erstmals kritisch und ausführlich mit der künstlerischen Praxis, den Handlungsspielräumen und dem Alltag der ehemaligen Brücke-Künstler im Nationalsozialismus.

Das Brücke-Museum im Berliner Stadtteil Dahlem ist das Landesmuseum für Werke der Künstlergruppe Brücke. Es feiert am 15. September sein 50-jähriges Bestehen. Einige Tage später am 1. Oktober tritt die Kunsthistorikerin Lisa Marei Schmidt (39) ihre neue Stelle als Leiterin des Hauses an. Die gebürtige Rheinländerin wird Nachfolgerin von Magdalena Moeller, die nach fast 30 Jahren an der Spitze des Brücke Museums in den Ruhestand geht. Schmidt war zuletzt Kuratorin am Berliner Gegenwartsmuseum Hamburger Bahnhof und hat dort unter anderem die Retrospektive von Carl Andre kuratiert. Sie hat in Marburg, Amsterdam und Berlin (HU) Kunstgeschichte und Neuere Deutsche Literatur studiert. Am Londoner Royal College of Art machte sie ihren Master und arbeitete dann bei der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen und am Museum Folkwang.

Wiederaufbau des geteilten Deutschlands

Zurück zur Ausstellung „Flucht in die Bilder?“ Die Situation von Erich Heckel, Karl Schmidt-Rottluff, Max Pechstein und Ernst Ludwig Kirchner in den Jahren von 1933 bis 1945 wurde bislang zumeist auf die „Verfemung“ ihrer Kunst im Nationalsozialismus reduziert. Dieser eindimensionale Blick wird weder der vielschichtigen Situation der Künstler noch den Widersprüchen innerhalb der nationalsozialistischen Kulturpolitik gerecht. Die meisten der ehemaligen Brücke-Künstler hatten zu Beginn die Hoffnung gehegt, mit ihrer Kunst Anerkennung unter den Nationalsozialisten zu finden – eine Hoffnung, die von letzteren teilweise genährt wurde. Trotz der Zäsuren durch die NS-Kunstpolitik waren die ehemaligen Brücke-Künstler – mit Ausnahme von Kirchner, der sich 1938 das Leben nahm – bis in die letzten Kriegsjahre künstlerisch tätig. Um Brüche und Kontinuitäten im Werk der ehemaligen „Brücke“ deutlich zu machen, endet die Aufarbeitung nicht im Mai 1945, sondern setzt sich im letzten Teil der Schau im Kunsthaus Dahlem fort. Wie wurde ab dem Sommer 1945 auf Jahre der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft zurückgeblickt, welche Funktion hatten die ehemaligen Brücke-Künstler beim Wiederaufbau des geteilten Deutschlands?

Im Zentrum der Ausstellung „Flucht in die Bilder?“ stehen Arbeiten von Schmidt-Rottluff, Heckel, Pechstein und Kirchner aus dem Bestand des Brücke-Museums. Die Präsentation setzt auf einen vielschichtigen Blick und nähert sich der Komplexität des Themas – die Brücke zwischen Anerkennung und Verfemung‘ – anhand von künstlerischen Werken und umfangreichem Dokumentationsmaterial.

Erwerb des Gemäldes „Bildnis R.S.“

Dank der Unterstützung der Karl und Emy Schmidt-Rottluff Stiftung und der Ernst von Siemens Kunststiftung konnte das Brücke-Museum Karl Schmidt-Rottluffs bedeutendes Gemälde „Bildnis R.S.“ aus dem Jahr 1915 erwerben. Das Porträt zeigt die Hamburger Kunsthistorikerin Rosa Schapire (1874–1954). Sie war eine enge Freundin und wichtige Förderin Schmidt-Rottluffs sowie frühes passives Mitglied der Künstlergruppe Brücke. Schapire war eine beeindruckende Persönlichkeit und promovierte 1904 als eine der ersten Frauen in Deutschland in Kunstgeschichte. Die jüdische Sammlerin Schapire war gezwungen, 1939 nach London zu emigrieren, wo sie ihre Bemühungen für den Expressionismus zeitlebens fortsetzte. In der ihr und ihren Verdiensten gewidmeten Nische fügt sich das Werk in die Reihe der anderen Schapire-Bildnisse aus Museumsbesitz ein. Das Gemälde stammt aus dem Familienbesitz der Nachfahren von Wilhelm Niemeyer. Der Kunsthistoriker war ein Freund und Unterstützer Schmidt-Rottluffs und gab mit Schapire zusammen die wichtige expressionistische Zeitung „Kündung“ in Hamburg heraus. In den 1950er und 60er hatte Schmidt-Rottluff das Gemälde, das ihm so wichtig war, wohl für einige Jahre von Niemeyer geliehen und bei sich gehabt. Schon damals war es in Berlin und kehrt nun hierhin zurück.

Sonderstellung von Emil Nolde

Zeitgleich zur Ausstellung „Flucht in die Bilder?“ präsentiert die Nationalgalerie, Staatliche Museen zu Berlin, im Hamburger Bahnhof die Schau „Emil Nolde – Eine deutsche Legende. Der Künstler im Nationalsozialismus“ bis 15. September. „Emil Nolde nimmt als überzeugter Nationalsozialist eine Sonderstellung unter den Brücke-Künstlern ein, sodass sich beide Ausstellungen vortrefflich ergänzen und wechselseitig kommentieren“, heißt es dazu in einer Mitteilung des Brücke Museums. pk

 

BUS:

Bild 1: Karl Schmidt-Rottluff , Entwurzelte Bäume 1934, Öl auf Leinwand, Brücke Museum Berlin VG Bild-Kunst Bonn.

Bild 2: Erich Heckel, Annweiler, 1933, Tempera auf Leinwand, Brücke Museum Berlin Nachlass Erich Heckel Hemmenhoven.

Bild 3: Ernst Ludwig Kirchner, Artistin, Brücke Museum Berlin

Bild 4: Ausstellungsführer Entartete Kunst, 1937.

Bild 5: Max Pechstein Junge mit Schneebällen und drei Nelken 1937, Öl auf Leinand Privatbesitz, Max Pechstein Urheberrechtsgemeinschaft, Hamburg/Tökendorf. 

 
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